Eigentlich hätte Simone Blum allen Grund, schlechter gelaunt zu sein. Ihr Top-Pferd Alice hat einen Hexenschuss, beim morgen beginnenden „Aachen International Jumping“ wird die Springreit-Weltmeisterin nun „Cool Hill“ satteln. Bestens gelaunt ist Blum trotzdem.
Der Grund dafür ist weder die 13-jährige „Alice“, noch der zehnjährige „Cool Hill“, sondern die siebenmonatige Hanna. Im Februar wurde Simone Blums Töchterchen geboren, „sie beglückt uns jeden Tag“, so die junge Mutter. Auch in Aachen ist Hanna mit dabei.
Auf das „Aachen International Jumping“ freut sich Simone Blum trotz des Missgeschicks von Alice: „Großartig, dass die Veranstalter hier so eine Top-Veranstaltung auf die Beine stellen.“ Das Niveau sei ganz klar fünf Sterne, „hier ist die absolute Weltelite, die Crème de la Crème am Start, alle Spitzenreiter sind hier.“ Eine große Herausforderung für Simone Blum und „Cool Hill“. Beim Turnier in München konnten die Beiden den Großen Preis gewinnen, „ich bin sehr gespannt, wie er sich hier in Aachen präsentieren wird“. Er sei ein tolles Pferd mit unglaublichem Talent. Also so wie Alice? „Naja, vielleicht nicht ganz so intelligent wie Alice.“ Gut, dass Cool Hill nicht in der Nähe ist, als sie das sagt. Den Hexenschuss hat sich ihr Top-Pferd bei einer Landung zugezogen, „ich habe sofort gemerkt, dass da etwas nicht stimmt.“
Für Alice wäre es der erste Start nach einem Jahr gewesen, zuletzt ist sie im September 2019 in Rom im Parcours gewesen. Es folgte zunächst eine geplante Pause (Schwangerschaft), dann die ungeplante (Corona). Zwischendurch hat sich Simones Mann Hansi auch noch den Fuß recht kompliziert gebrochen, „wenn einmal der Wurm drin ist…“, so Simone Blum. Das große Ziel bleibe Tokio, die Olympischen Spiele 2021. Darauf hatte sie alles ausgerichtet, auch die Geburt der Tochter war entsprechend geplant. Doch bekanntermaßen kam alles anders, „das ist natürlich bitter“, so Simone Blum, die Pause sei inzwischen natürlich wahnsinnig lang, für die Pferde und für sie: „Pferde wie Alice und Cool Hill brauchen die Wettkampfatmosphäre, das Gefühl, auf dem Turnier zu sein, das lässt sich einfach nicht zuhause simulieren.“ Und die Reiterin selber? „Ich bin auch noch nicht so wirklich wieder im Rhythmus.“ Letztlich hält es die Bayrin aber mit der rheinischsten aller Weisheiten: „Wir haben inzwischen alle gelernt, es zu nehmen wie es kommt.“
Bevor es für die Weltmeisterin ab morgen in den Parcours geht, hat sie sich von Turnierleiter Frank Kemperman noch das etwas ungewohnte Aachener Terrain zeigen lassen – denn die 50 internationalen Top-Reiter und 25 der besten Jungen Reiter werden im Deutsche Bank Stadion an den Start gehen, dort, wo beim CHIO Aachen die Dressurreiter zuhause sind. Die vielen Hygienemaßnahmen nimmt Simone Blum locker, „wir haben doch das große Glück, in der momentanen Situation überhaupt unserem Sport nachgehen zu können.“
Zuschauen dürfen an den drei Turniertagen jeweils 300 Besucher, die in großem Abstand zueinander sitzen. Auf zwei besetzte Plätze folgen jeweils zwei freie Plätze, jede zweite Reihe bleibt komplett frei – ebenso wie alle äußeren Sitze einer Reihe. An jedem Aufgang stehen Desinfektionsspender, Ein- und Ausgang zum Stadion sind separat. Zudem ist der Zuschauerbereich komplett von dem der Sportler und Mitarbeiter getrennt, auch die Zugänge sind jeweils eigene. „Natürlich sind die Einschränkungen groß, aber alle haben vollstes Verständnis für die umfangreichen Maßnahmen“, so Frank Kemperman. Und über seiner Maske leuchten die Augen, als er sagt: „Hauptsache, endlich wieder Pferde in der Soers.“