Er ist vierfacher Goldmedaillengewinner bei den Olympischen Spielen, 133maliger Nationenpreisreiter, Gewinner von zwölf Medaillen bei Europameisterschaften – und nun Präsident des Organisationskomitees bei den Longines FEI Jumping European Championship 2021 in seinem Heimatort Riesenbeck. Eine Funktion, die sich Ludger Beerbaum noch vor zehn Jahren im Traum nicht hätte vorstellen können.Kurz vor dem Beginn des bisher größten Turniers auf seiner Reitsportanlage Riesenbeck International hat er zwischen zwei Terminen „kurz“ Zeit, einige Fragen zu beantworten.
Was ist aufregender für Sie, ein internationales Championat zu reiten, oder eines zu organisieren?
Ludger Beerbaum:Äh, (Pause) Schon zu reiten. Bei einer Turnierorganisation in diesem Ausmaß lastet die Verantwortung auf vielen Schultern. Auch der Druck und die Anspannung ist auf das Team verteilt. Als Reiter bin ich auf mich selbst gestellt. Mein Pferd und ich – mehr ist da nicht. Da muss ich allein entscheiden, was zu tun ist.
Worin besteht die Schwierigkeit für das Organisations-Team, dieses bisher größte Event zu stemmen?
L.B.: Eine große Herausforderung besteht darin, dass wir so etwas im Team erstmals machen. Riesenbeck International besteht erst seit sechs Jahren, wir haben uns von Veranstaltung zu Veranstaltung gesteigert. Erst mit internationalen Indoors-Events, dann mit nationalen Meisterschaften für die Jugend, den Deutschen Meisterschaften der Gespannfahrer, dann die Deutsche Meisterschaft – ohne Zuschauer – im Springreiten. Und jetzt die Europameisterschaft. Wir haben uns eine Routine und viele Dinge erarbeitet. Aber die Größe der kommenden Veranstaltung und auch die Einhaltung vorgegebener Standards, das ist eine wirkliche Herausforderung.
Eigentlich sollte es gar keine EM in diesem Jahr geben. Die Reiter, der Internationale Jumping Riders Club, bei dem Sie seit Jahren eine maßgebliche Funktion innehaben, und die EEF (European Equestrian Federation) hatten die Idee, diese Veranstaltung trotz Olympia auszutragen. Nach der Vergabe an Riesenbeck musste dann alles sehr schnell gehen…
L.B.:Ja, das ist die eigentliche Schwierigkeit für uns. Während die bisherigen Gastgeber mehr als drei Jahre Zeit hatten, das Championat vorzubereiten, blieb uns nicht einmal ein Jahr. Es war wirklich sportlich, dahinzukommen, wo wir jetzt stehen. Durch Corona wurde das Ganze noch erschwert. Es gab viele Regeln zu beachten. Doch wir haben mit Partnern zusammengearbeitet, die uns wirklich gut unterstützt haben. Herausheben möchte ich die jahrelange Unterstützung von Longines. Bisher gab es schon eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Longines World Equestrian Academy, jetzt auch als Hauptsponsor der Europameisterschaft. Es wurden Kompromisse geschlossen. Letztlich haben alle an einem Strang gezogen.
Sie waren es als Reiter bei Großereignissen gewohnt, im Kollegenkreis den Ton anzugeben, die Medien nannten Sie „den Leitwolf“. Wie sieht das denn in der Zusammenarbeit mit Handwerkern, Behörden, freiwilligen Helfern aus. Geben Sie dort auch die Richtung vor, oder ist hierbei Fingerspitzengefühl gefragt?
L.B.: Ich denke schon, dass ich mit zunehmendem Alter und Erfahrung – auch Dank der jahrzehntelangen Partnerschaft mit vielen unterschiedlichen Pferden – die mich gelehrt haben, dass es nicht immer nur vorwärts geht, sondern man sich auch mal zurücknehmen muss um letztendlich Ziele zu erreichen, das nötige Fingerspitzengefühl erreicht habe.
An den Stellen, bei denen das nicht der Fall war – zugegebener Weise gab es die auch – , habe ich Unterstützung von exzellenten Mitarbeitern!
In sieben Tagen geht es los. Gab es schon schlaflose Nächte?
L.B.: Ne!
Worauf freuen Sie sich?
L.B.: Auf eine hoffentlich schöne Veranstaltung mit guter Atmosphäre, bei der Pferd und Reiter sich wohl fühlen und ihr Bestes geben. Ich wünsche mir, dass die Zuschauer guten Sport sehen und begeistert sind.
Wovor haben Sie Furcht?
L.B.: Dass das Wetter durchgehend nicht gut ist. Wenn es mal einen Tag lang widrig ist, halten wir das aus.
Diese letzte – Ihnen sonst so verhasste – Frage muss gestellt werden: Wer wird Europameister?
L.B.: Das kann man im Vorfeld sehr schlecht sagen. Weil auch Favoriten öfter mal straucheln. Doch wenn es darum geht, wer Top Favorit ist, dann ist das Peder Fredericson aus Schweden.
Welches Team gewinnt?
L.B.: Das schwedische Team. Allerdings gibt es noch ein paar Mannschaften, die was gutzumachen haben, etwa die Schweizer oder die Deutschen. Und die Belgier haben als Drittplatzierte von Tokio auch gute Karten.