Jens Baackmann: „Man muss die Stärken und Schwächen der Pferde erkennen – manche wollen lieber ein Hunter sein, andere ein Sportpferd.“

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Interviews gibt er nur sehr selten. Social Media ist „nicht mein Ding“. Jens Baackmann konzentriert sich lieber auf ‚andere Sachen‘. Das perfect match zwischen Pferd und Reiter zu finden und ‚nebenbei‘ selber im Spitzensport bei der Global Champions Tour oder in Aachen mitmischen – das fordert ihn heraus, macht ihm Spaß. spring-reiter.de hat mit dem 38-jährigen über den Spagat zwischen Pferdehandel und Spitzensport gesprochen. Im Interview verrät der in Münster beheimatete Springreiter außerdem, dass er in der Schule einmal fast links abgebogen wäre, warum er Cornet Obolensky-Nachkommen so liebt, was er von Franke Sloothaak lernt und was ihn auf die Palme bringt. 

Es hat so oder so ähnlich kommen müssen. „Tiere waren in meiner Familie schon immer ein Thema. Meine Eltern sind Tierärzte und meine beiden Schwestern auch“, listet Jens Baackmann auf.  Die mittlere Schwester hat sich auf Pferde spezialisiert. Sein Vater war als Tierarzt früher hauptsächlich für Schweine und Rinder unterwegs. Die Mutter kümmerte sich um Kleintiere, so wie die älteste Schwester heute auch. „Meine beiden Schwestern haben irgendwann angefangen zu reiten und da bin ich als Kind ein paarmal mitgegangen. Mit Neun oder Zehn habe ich dann auch angefangen zu reiten“, erinnert sich Jens Baackmann. 

Schnell sprang das Pferde-Virus auch auf ihn über und infizierte ihn nachhaltig. Anfangs spielte er noch Handball und Fußball parallel. Bis er als Junger Reiter in den Bundeskader kam, es ernst wurde mit Starts beim Preis der Besten und den Deutschen Meisterschaften. 

„Dann habe ich Abitur gemacht, das war so ein bisschen das Gesetz von meiner Mutter, dass wir das machen mussten“, lacht Baackmann. Er hatte andere Pläne: „Ich wollte einmal nach der elften Klasse links abbiegen, aber das war gar keine Diskussion, das war auch gut so im Nachhinein“, resümiert er heute.  Nach dem Abitur besuchte Baackmann für ein Jahr die Bundeswehr Sportschule. Im Anschluss sammelte er ein Jahr wertvolle Erfahrung bei Marcus Ehning. 

Danach stand eine Entscheidung an. Wird er auch Tierarzt oder baut er sich eine Zukunft mit Pferden auf? 

„Mein Vater und ich haben damals immer schon etwas gehandelt mit Pferden. Mal ein junges Pferd gekauft und verkauft. So bin ich da ein bisschen reingewachsen und das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich war mit dem Handel auch ziemlich schnell erfolgreich“, erinnert sich der Springreiter und fügt an: „Ich hatte gleich ein gutes Gefühl und meine Eltern auch. Wir legten das mal so auf zwei Jahre an, wollten gucken, wie es anläuft. Sonst wäre ich wohl studieren gegangen.“  Es lief und die Uni war abgeschrieben. „Ich bekam schon in jungen Jahren sehr viele Beritt-Pferde, habe mich dann so langsam hochgearbeitet, gute Kontakte geknüpft“, sagt Jens Baackmann. Er ging früh nach Amerika, baute sich auch hier einen Kundenstamm auf. Mit nur 21 Jahren machte er sich dann selbstständig. „Das war natürlich nicht immer einfach“, gibt er zu. 

Heute ist er längst ein Strippenzieher, betreibt im münsterländischen Havixbeck einen führenden Ausbildungs- und Verkaufsstall im Springpferde- und Hunterbereich und ist mit Partnern wie Laurenz Buhl, Jeremy Sweetnam, Yann Chartier und Felix Klaphake an weiteren Firmen rund um den Sportpferde-Handel beteiligt. Rund 85 Pferde gehören dazu. 

„Die Anlage gehört meinem Schwager und meiner Schwester. Da sind wir alle. Es ist ein großer Stall mit 110 Boxen. Meine mittlere Schwester reitet da auch, hat ihre vier, fünf Pferde dort stehen“, erzählt Baackmann. Alles sei sehr familiär. Das passt für ihn, der privat gerne mit Gerrit Nieberg pokert und auch sonst nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen ist: „Es sei denn, ich möchte in Ruhe reiten und es kommen fünf Leute mit 20 Sachen. Dann bin ich schnell mal genervt. Oder wenn es zu laut ist, ich habe es gerne ruhig, ohne Geräuschkulisse und Radio.“ 

Zwölf Angestellte halten ihm den Rücken frei. „Die Pfleger fangen um 7 Uhr morgens an, die Reiter legen so um acht Uhr mit dem Reiten los. Ich probiere schon immer, mir den Tag etwas einzuteilen, eine Struktur zu behalten. So dass ich von 8-12 Uhr reite und ich mich danach nur noch um den Handel, den Ein- und Verkauf von Pferden sowie Kundengespräche kümmern kann“, fasst der Unternehmer seinen Tag zusammen. Wenn er nicht gerade auf internationalen Turnieren unterwegs ist. 

Ein Spagat, der auch dank seiner Mitarbeiterinnen, der Stablemanagerin Jasmin Schniggendiller und Friederike Hess, die sich um Beritt, Training und Vermarktung kümmert, gut klappt. 

Zum Sichten junger vierbeiniger Talente arbeitet er viel mit Claas Gröpper zusammen, fährt viel nach Holstein. „Da gibt es noch so viele Züchterfamilien. Alles kommt noch so ein bisschen aus erster Hand. Da kann man schon einen ‚kleinen Diamanten‘ finden“, erzählt Baackmann.  „Man kauft am Ende natürlich auch immer die Hoffnung mit. Ob das Pferd mal über einen Parcours wie in Aachen springt, weiß man erst dann, wenn man es dort versucht.“

Nach guten Platzierungen u.a. bei der Deutschen Meisterschaft in Balve, war Baackmann in diesem Jahr das erste Mal beim CHIO Aachen dabei, ging mit seinem derzeit besten Pferd, der Stute Caja (v. Clarimo), an den Start. „Das war immer mein Traum, mein Ziel, mal in Aachen zu reiten. Wir waren jetzt noch nicht ganz so erfolgreich. Trotzdem habe ich viel Positives mitgenommen, habe ich unheimlich viel gelernt über diesen Platz. Auch wenn man ein Pferd mit viel Qualität hat, spielt der Kopf doch eine große Rolle. Der Platz hat seine ganz eigenen Gesetze“, fasst Baackmann seine Aachen-Erfahrung zusammen. 

Im nächsten Jahr wollen es die beiden wieder versuchen: „Die Stute habe ich vor einem Jahr von einem guten Freund von mir gekauft. Maximilian Bremicker hat sie mir gegeben, damit wir sie zusammen verkaufen. Die ersten Wochen waren sehr durchwachsen. Da hatte ich viel Hilfe von meinem Trainer Franke Sloothaak. Die Stute und ich – wir hatten am Anfang einfach keine gleichmäßige Verbindung. Franke sagte, wir versuchen es jetzt mal vier Wochen ganz locker und wenn es nicht klappt, dann müssen wir etwas anderes überlegen. Wir sind nur ganz in Ruhe Dressur geritten, haben probiert, Gleichmäßigkeit ins Reiten zu bekommen. Eine Verbindung herzustellen. Das hatte ich anfangs nicht, alles war so schwabbelig. Dann hat Franke sie auch mal geritten, mit ganz viel Ruhe. Nach fünf, sechs Wochen habe ich sie einmal gesprungen und da war ich mir sofort sicher, dass ich sie kaufen möchte. Da hat es dann einmal Klick gemacht, sie ist ein tolles Pferd geworden“, freut sich ihr Reiter, der sich nach Aachen wieder auf seine Starts bei der Longines Global Champions Tour konzentriert, wo er für das Team der Monaco Aces reitet. 

„Ich habe das Glück, dass Familie Auer mir die letzten zwei Jahre Startplätze für die Global Tour gekauft hat. Es gibt in Deutschland sonst nicht so viele Möglichkeiten, auf 5-Sterne-Niveau zu reiten. Da sind viele, die wollen und auch können. Wenn ich zum Beispiel für Dänemark reiten würde, wäre die Global Tour vielleicht gar nicht so interessant für mich, weil es genug Möglichkeiten gäbe. Aber als deutscher Reiter mit dem Handel und dem Background passt es ganz gut. Wenn Pferde hier konstant gut springen, öffnen sich über die Global Tour auch ein paar Türen“, fasst es der Geschäftsmann zusammen. 

Mit Familie Auer hat Baackmann auch die Pferde Numanee und Caprice. „Das waren letztes Jahr meine besten Pferde für die Global Tour. Die sind nach leichten Verletzungen gerade wieder im Aufbau und kommen wieder“, hofft Baackmann, der auch noch zwei vielversprechende Neunjährige im Stall hat. 

„Für die Global Tour brauchst du schon vier oder fünf Pferde. Ab und zu wird ja auch mal wieder eines verkauft. Das macht auch Spaß. Wenn ich ein Pferd gut ausgebildet habe und es anschließend erfolgreich mit einer neuen Reiterin läuft, wie zum Beispiel Aventador. Den bin ich letztes Jahr noch Deutsche Meisterschaften geritten, habe ihn dann in die USA verkauft. Jetzt läuft er super mit einem amerikanischen Mädchen. Es freut mich, wenn ich das perfect match gefunden habe“, bringt es Baackmann auf den Punkt. 

„Man muss die Stärken und Schwächen der Pferde erkennen und dies auch im Hinterkopf behalten. Manchmal ist es vielleicht kein super 1,50m Pferd, dafür aber ein super 1,35m Pferd. Damit kann man vielleicht einen Amateur sehr glücklich machen. Manche Pferde wollen lieber ein Hunter sein. Weil sie einfach etwas gemütlicher und langsamer unterwegs sind, manche dagegen wollen eben lieber Sportpferd sein. Da habe ich jetzt schon viel Erfahrung und denke auch, dass ich ein gutes Auge dafür habe, in welche Richtung es gehen kann“, sagt der Unternehmer, für den der Handel das ‚Hauptstandbein‘ ist. „Der Sport ist für mich eine super Sache. Aber der Handel ist schon das Kerngeschäft.“

Auch die Zucht interessiert Baackmann: „Ich bin ein großer Cornet Obolensky-Fan. Mein bisher bestes Pferd Carmen, sie ist schon in Rente und bekommt ein Fohlen, stammt von ihm ab. Wir züchten viel mit Cornet, klar könnten die Nachkommen etwas rittiger sein, manchmal sind sie etwas speziell aber haben meist große Qualität. Ich hatte bisher viel Erfolg mit ihnen.“ 

Das Image-Problem des Reitsports sorgt auch Jens Baackmann: „Ich probiere meinen Teil dazu beizutragen, dass wir auch zu Hause den Pferden ein schönes Leben ermöglichen. Wir stellen sie raus, wir machen alles, damit sie sich top-wohl fühlen. Vielleicht sollte man den Kritikern auch einfach mal einen Einblick in die Profiställe gewähren. Wir betreiben schon viel Aufwand um unsere Pferde. Sie bekommen viel Bewegung, kommen auf die Weide, wir bauen teure Winterpaddocks, geben ihnen die beste Pflege und gutes Futter. Ich hoffe, dass sich in unserem Sport bald wieder die positiven Aspekte durchsetzen und nicht die negativen Sachen Schlagzeilen machen.“

Für ihn und seine Pferde geht es demnächst ins nahe gelegene Riesenbeck zur Global Tour – auf zu neuen Herausforderungen. 

Text & Interview: Corinna Philipps