Vor vielen, vielen Jahren sind wir uns zum ersten Mal begegnet. Er war da schon der weltberühmte Ludger Beerbaum und leistete Aufbauhilfe Ost. Kostenlos. Ja, denn auch das ist Ludger Beerbaum, einer, der sich nicht scheut, Verantwortung zu übernehmen und sich engagiert. Nach der deutschen Wiedervereinigung gehörte es zu den höchsten Zielen für talentierte junge Nachwuchsreiter in Berlin und Brandenburg, sich durch Turniererfolge für ein Training mit Ludger Beerbaum zu qualifizieren. Vielleicht hatte dieses Engagement auch etwas mit seiner eigenen Familiengeschichte zu tun, denn seine Eltern hatten 1953 ihren Hof in der Nähe von Demmin Richtung Westen verlassen, so dass Ludger und seine drei Geschwister in der Nähe von Detmold in Freiheit aufwuchsen.
Bei unserem ersten Zusammentreffen zeigte er unserem Sohn, was das heißt, als L-Reiter bei Ludger Beerbaum lernen zu dürfen: Als das Durchparieren zwischen zwei Sprüngen nicht wie gewünscht funktionierte, ließ er es nicht laufen, sondern stellte sich der Weltmeister und mehrfache Olympiasieger eben dem kleinen Jungen mit dem großen Pferd einfach in den Weg und stoppte auf diese Weise den Vorwärtsdrang. Beim nächsten Mal klappte es dann wirklich ohne Eingreifen.
Wenn er etwas macht, macht er es konsequent. Halbe Sachen sind nicht Ludger Beerbaums Ding. Er ist schon lange mehr als nur ein Reiter, einer der erfolgreichsten und einer der einflussreichsten der Welt. Er ist auch ein hoch erfolgreicher Unternehmer und vorzüglicher Ausbilder. Einer, der kantig seine Meinung sagt ohne Rücksicht, ob er damit aneckt – weil er es für richtig hält: Wenn Ludger Beerbaum das Wort ergreift, hören alle zu.
Er hat im Verlauf seines Reiterlebens vier olympische Goldmedaillen gewonnen, zweimal Mannschaftsgold bei Weltmeisterschaften, sechs Mal Gold bei Europameisterschaften, dazu ungezählte Große Preise, allein dreimal in Aachen, und viele Nationenpreise für Team Deutschland, für das er häufiger an den Start ging als jeder andere.
Für diesen Erfolgsweg fand er immer wieder die richtigen Partner, mit deren Hilfe er seine Ziele erreichen konnte: Erst war er im Stall von Hermann Schridde, dann bei Paul Schockemöhle, es folgten erfolgreiche Jahre im Stall des Fleischgroßhändlers Alexander Moksel, ehe er sich in Riesenbeck selbstständig machte und mit dem Ehepaar Madeleine Winter-Schulze und Dietrich Schulze die Mäzene fand, die ihm die Finanzierung seiner Championatspferde sicherten und zugleich Teil seiner Familie wurden. Bis Dietrich Schulze starb, gab es da noch so eine Art familiäre Aufteilung: Dietrich Schulze war vor allem Ludgers Ansprechpartner und Madeleine Winter-Schulze konzentrierte sich auf die Förderung von Dressur-Queen Isabell Werth.
Vielleicht liegt es auch an dem, was Ludger Beerbaum während seines Betriebswirtschafts-Studiums aufgesogen hatte, das er zugunsten seiner Reiter-Karriere aufgab: Er gab sich nicht mit den reiterlichen Erfolgen zufrieden, sondern wolle mehr, vernetzte sich international, wurde zum reitenden Unternehmer. Auf dem Gelände des Freiherrn von Heereman und einen Kilometer entfernt von Beerbaums Reitanlage, ist „Riesenbeck International“ entstanden. Gemeinsam mit Familie Heereman hat Beerbaum das Ausbildungs- und Trainingszentrum aufgebaut. Hier bietet der Springsportprofi Seminare und Reitkurse für ambitionierte Sportreiter an und trainiert seine ausländischen Kunden, auch bietet die Anlage den Rahmen für diverse Veranstaltungen rund um den Reitsport. Unter anderem fanden schon Deutsche Meisterschaften und Jugendmeisterschaften, 2021 die Europameisterschaften im Springen statt, im nächsten Monat folgt die Europameisterschaften in Dressur und Para-Dressur.
Dass inzwischen auch ausgerechnet in Riesenbeck, weit ab von den ansonsten ausgewählten glanzvollen Welt-Metropolen wie Paris und London, Doha und New York die Longines Global Champions Tour Station macht und Ludgers Team Riesenbeck International aktuell die Wertung anführt – auch das sagt viel über den erfolgreichen Netzwerker und Unternehmer aus.
Gemeinsam mit dem Schweizer Uhrenhersteller Longines und der Vorsitzenden von Beijing Dashing Equestrian Cultural CO Ltd., Jing Li, ist Ludger seit 2016 Initiator der Longines World Equestrian Academy. Die Akademie hat sich zum Ziel gesetzt, den Springsport in China durch Lehrgänge und professionelle Unterstützung zu fördern.
Na ja, und dann gibt es auch noch die Ludger Beerbaum Produkte GmbH, über die Kraftfutter und Nahrungsergänzer für Pferde unter dem Markennamen „Ludgers“ verkauft werden, und und und.
Das einzige Problem ist, dass auch für Ludger Beerbaum der Tag nur 24 Stunden hat. Er könnte noch mehr gebrauchen, schließlich erfordern Ehefrau Arundell, seine Kinder und ein Enkel seine Aufmerksamkeit.
Ganz sicher ist, dass auch nach seinem bewegenden Abschied von der internationalen Reiterbühne beim CHIO Aachen ihn trotzdem weiterhin sein Lebensmotto leiten wird: Ich will gewinnen, der Rest ist zweitrangig.
Heute wird Ludger Beerbaum 60. Herzlichen Glückwunsch!