Die Zuchtwerte der FN 2023 sind da. Wie in jedem Jahr liefern sie den Züchtern wertvolle Hinweise für ihre Anpaarungsentscheidungen. Zur Verfügung stehen Zuchtwerte in den drei Kategorien „Jungpferdeprüfungen“, „Nationaler Turniersport“ oder „Höchste erreichte Klasse im internationalen und nationalen Turniersport (HEK)“. Alle Werte basieren auf der Eigen- und Nachkommensleistung der Hengste in Zucht- und Sportprüfungen.
Betrachtet man die Gruppe der besten Hengste in jeder Kategorie, sieht man, dass etliche Hengste schon über lange Zeit in den Listen auftauchen. Das ist vor allem der Fall, wenn ein Zuchtwert bereits mit einer hohen Sicherheit geschätzt wurde. „Das Fachgremium Zuchtwertschätzung hat sich aber auch die Frage gestellt, ob Hengste mit hohen Zuchtwerten in der Kategorie Jungpferdeprüfungen, also mit überdurchschnittlichen Werten aufgrund von Zucht- und Aufbauprüfungen, auch später in den Toplisten Turniersport und HEK auftauchen? Und tatsächlich konnte festgestellt werden, dass die Korrelation zwischen den Zuchtwerten hoch ist. Das heißt, der Zuchtwert Jungpferdeprüfungen gibt schon eine recht gute Vorhersage für die weiteren Zuchtwerte im Laufe des Lebens eines Hengstes“, sagt Dr. Teresa Dohms-Warnecke, stellvertretende Geschäftsführerin des Bereichs Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).
Die Grundlage für die Ermittlung der Zuchtwerte sind die Informationen zur Leistung sowie die Abstammungsinformationen. Wobei die Zuchtleistung eines Pferdes nicht nur von seiner genetischen Veranlagung abhängt, sondern meist in noch größerem Maß auch von Faktoren wie Reiter, Alter, Konkurrenz, Haltung und so weiter. Die Herausforderung für die Zuchtwertschätzung besteht daher darin abzuschätzen, welcher Teil der Leistungsabweichung eines Pferdes auf vererbbarer Genetik (=Zuchtwert) und welcher auf sonstigen nicht vererbbaren Faktoren beruht. Somit ist das Ziel einer jeden Zuchtwertschätzung, erblich bedingte Leistungsunterschiede möglichst genau zu schätzen, um dadurch dem Züchter eine gute Grundlage für seine Anpaarungsentscheidung zu liefern. Durch das Verfahren der FN-Zuchtwertschätzungen werden Informationen aus dem Sport sowie der Zucht zusammengeführt, die dem Ziel einer frühen, genauen und bestmöglichen Vorhersage der Zuchtwerte dienen. Bei der Interpretation der Zuchtwerte gilt es auf jeden Fall zu beachten, dass die Zuchtwerte mit unterschiedlichen Sicherheiten geschätzt werden, in einer Spanne von 99 Prozent (sehr sicher) bis 70 Prozent (unsicher geschätzt).
FN-Zuchtwertschätzung Höchste erreichte Klasse (HEK)
Diese Zuchtwertschätzung basierend auf den nationalen und internationalen Turniersportdaten wird seit 2019 durchgeführt. Das Merkmal ist die jeweils höchste erreichte Klasse (HEK) in den Disziplinen Dressur und Springen. Dadurch wird auch nur eine Beobachtung je Pferd berücksichtigt, nämlich die höchst erreichte Platzierung bzw. der Start des jeweiligen Pferdes. Zu den über 20 Millionen Ergebnissen (2022: 19,9 Millionen Ergebnisse) aus den Turniersportprüfungen in Deutschland konnten noch fast 990.000 Starts von deutschen Pferden (2022: 745.000 Starts) aus dem internationalen Turniersport hinzugefügt werden.
Die Zuchtwerte HEK für Hengste werden nur dann veröffentlicht, wenn die geschätzten Zuchtwerte HEK Springen beziehungsweise Dressur eine Sicherheit von mindestens 70 Prozent aufweist, die Schätzung auf mindestens fünf Nachkommen mit Eigenleistungen basiert, der Zuchtwert Turniersport veröffentlicht ist und ein Nachkomme mindestens sieben Jahre alt ist.
Die TOP-Prozentklassen bei dieser Zuchtwertschätzung sind eine Hilfestellung bei der Einordnung der einzelnen Hengste. Bei der Zuchtwertschätzung mit der höchsten erreichten Klasse im Springen sind 2.047 Hengste veröffentlicht. Demnach haben die TOP ein Prozent der Hengste einen Zuchtwert von 163 Punkten und die besten fünf Prozent müssen einen Zuchtwert von 145 Punkten und besser ausweisen. Hengste mit einem Zuchtwert von 136 Punkten und besser gehören zu den besten zehn Prozent der Hengste und Hengste mit einem Zuchtwert von 118 Punkten und besser zu den besten Viertel.
Die nachfolgende Liste zeigt die TOP ein Prozent Hengste im Springen, die nach dem Alphabet rangiert sind: (Hengste mit einem Zuchtwert Springen HEK von 163 und besser):
Baloubet du Rouet v. Galoubet A – Zuchtwert: 179; Sicherheit: 98 Prozent
Calvaro Z v. Caletto I – Zuchtwert: 168; Sicherheit: 96 Prozent
Carthago v. Capitol I – Zuchtwert: 163; Sicherheit: 99 Prozent
Caspar (Berlin) v. Cassini I – Zuchtwert: 166; Sicherheit: 96 Prozent
Chacco-Blue v. Chambertin – Zuchtwert: 183; Sicherheit: 99 Prozent
Chaccomo v. Chacco-Blue – Zuchtwert: 167; Sicherheit: 84 Prozent
Comme il faut v. Cornet Obolensky (ex: Windows van het Costersveld) – Zuchtwert: 168; Sicherheit: 98 Prozent
Cornado I v. Cornet Obolensky (ex: Windows van het Costersveld) – Zuchtwert: 163; Sicherheit: 96 Prozent
Cumano v. Cassini I – Zuchtwert: 194; Sicherheit: 85 Prozent
Diamant de Semilly v. Le Tot de Semilly – Zuchtwert: 168; Sicherheit: 99 Prozent
Dollar Du Murier v. Jalisco B – Zuchtwert: 165; Sicherheit: 89 Prozent
Eldorado van de Zeshoek v. Clinton – Zuchtwert: 169; Sicherheit: 96 Prozent
Emerald van het Ruytershof v. Diamant de Semilly – Zuchtwert: 183; Sicherheit: 92 Prozent
Heartbreaker v. Nimmerdor – Zuchtwert: 172; Sicherheit: 96 Prozent
Kashmir van het Schuttershof v. Nabab de Reve – Zuchtwert: 185; Sicherheit: 93 Prozent
Le Tot de Semilly v. Grand Veneur – Zuchtwert: 164; Sicherheit: 89 Prozent
Lord Pezi v. Lacros – Zuchtwert: 167; Sicherheit: 98 Prozent
Mylord Carthago v. Carthago – Zuchtwert: 164; Sicherheit: 96 Prozent
Ogano Sitte v. Darco – Zuchtwert: 166; Sicherheit: 93 Prozent
Papillon Rouge v. Jalisco B – Zuchtwert: 178; Sicherheit: 88 Prozent
Quasimodo Z v. Quidam de Revel – Zuchtwert: 174; Sicherheit: 92 Prozent
Toulon v. Heartbreaker – Zuchtwert: 166; Sicherheit: 97 Prozent
Das Zuchtwert-Ranking der FN konzentriert sich in seiner Spitzengruppe auf die Top ein Prozent Hengste, die bei den rund 2.000 berechneten Vererbern die Führungspositionen beanspruchen. Von diesen 22 ausgewiesenen Vätern wurden 13 jenseits und 9 diesseits der deutschen Grenze registriert. Alle Hengste dieses Lots weisen Sporterfolge der S-Klasse aus, haben selbst ihre Leistungsprüfung im Parcours absolviert.
VÄTER: Die Franzosen führen mit sechs Vertretern in der Gruppe der Top-22, gefolgt von Holsteinern (4) und Belgiern (BWP 3). Würden alle Vertreter belgischer Zuchtbücher als Belgier gemessen (BWP+SBS+Z) wäre Belgien gleichauf mit den führenden Franzosen.
Werden die Hengste ihren väterlichen Dynastien zugeordnet, zeigt sich die Selle Francais-Führungsposition erneut. Almé und der in Holstein segensreich wirkende Cor de la Bryére sind mit jeweils sechs Stammhaltern präsent, dicht gefolgt von Capitol I (4).
Als Väter der Väter treten mit jeweils zwei Prachtexemplaren der Holsteiner Cassini I, der Belgier Cornet Obolensky und der Franzose Jalisco nach vorn.
MUTTERVATER: Bei den Muttervätern der Top 22 Hengste führen die Holsteiner mit 10 Repräsentanten vor Selle Francais (8). Beide Zuchten überragen alle anderen Wettbewerber. Mit zwei Töchtern unter den Müttern sind die Holsteiner Contender und Carthago vertreten, sprich als Mutterväter präsent.
Kommentar des langjährigen Geschäftsführers des Oldenburger Pferdezuchtverbandes, Heiner Kanowski, für spring-reiter.de
Beim Top-Ranking der FN-Zuchtwertschätzung geraten die deutschen Spitzenvererber in die Position einer Minderheit. Allein Holstein kann im internationalen Wettbewerb mithalten. Im Vergleich mit dem WBFSH-Ranking ist in der FN-Spitzengruppe Le tot de Semilly mit seiner Dynastie quantitativ nur schwach vertreten. Prognose: Das dürfte sich künftig ändern.