Staffel-Übergabe von Paul Schockemöhle und Ulli Kasselmann als Familienfeier

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Es war ein Flying Dinner, damit alles möglichst locker und ungezwungen ablaufen konnte. Dabei markierte dieser Abend in den Räumen des Stahlwerks in Neumünster eine Zäsur: Die hippologischen Legenden Paul Schockemöhle und Ulli Kasselmann, beide inzwischen Mittsiebziger, erklärten ihren Rückzug aus dem aktiven Veranstaltungsgeschäft und präsentierten Ulli Kasselmanns Sohn Francois als ihren Nachfolger auf diesem Feld. Es war sozusagen eine Familienfeier, wie Pauls Ehefrau Bettina Schockemöhle klarmachte: “Wir sind froh, dass wir mit Francois jemanden aus der eigenen Familie haben, denn nicht jeder, der etwas abgeben möchte, hat auch jemanden zur Verfügung, den er damit betrauen kann.” 

Der Ort der Feier war mit Bedacht gewählt, denn zum Strauß der nun gemeinsamen Veranstaltungen gehört als ganz besondere Blume ein Turnier in Neumünster, die VR Classics, die im kommenden Februar 2022 einschließlich Dressur-Weltcup nach der Corona-Zwangspause wieder in den Holstenhallen über die Bühne gehen sollen. Und so bedankte sich Francois Kasselmann auch ganz ausdrücklich bei Bettina und Paul Schockemöhle, „dass ihr mir es anvertraut, Euer Baby hier weiter zu pflegen“.

Dieses Baby war einst vom Holsteiner August Christian Horn in die Welt gesetzt worden und, wie Bettina Schockemöhle in starker Untertreibung sagte, „haben wir jetzt 12 Jahre versucht, es gut zu machen“. Bettina Schockemöhle vor allem war es, die sich um die VR Classics und ihr Weiterwachsen kümmerte. Francois Kasselmann versprach den Anwesenden, unter denen auch mancher Sponsor und Förderer des Hallenturniers war, „dass wir es 2022 so abliefern, wie es 2020 geendet hat“.

In der ihm eigenen, Oldenburger Nüchternheit formulierte Paul Schockemöhle die Sache so: „Wir hatten schwere Zeiten mit Corona, speziell auch als Veranstalter. Ulli und ich, wir haben beide unsere Veranstaltungsfirmen unterhalten. Da haben wir gesagt, das ist doch Blödsinn, und haben das zusammengeschmissen.“

Über das Abgeben der Verantwortung erzählte er dann gegenüber spring-reiter.de noch etwas ausführlicher, dass dies uns „in diesem Jahr sicher durch Corona auch ein bisschen aufgezwungen worden ist. Denn wir können nicht zwei Veranstaltungsorganisationen erhalten, ohne Veranstaltungen zu machen. Im letzten Jahr war praktisch nichts zu machen. Zum Beispiel Neumünster: Wenn ich keinen Zuschauer zulassen kann, kommt auch kein Aussteller. Denn wem soll er was verkaufen? So greift ein Rad ins andere, und dann kann man so ein Turnier nicht veranstalten – oder man geht pleite.“

Aber er wolle schließlich auch „nicht rausgetragen werden, ich will noch selbst gehen können. Ich habe viele meiner Beteiligungen schon verkauft.“ Natürlich als gelernter Speditionskaufmann nicht sein Logistik-Unternehmen und auch nicht sein Gestüt Lewitz. Doch, wie er spring-reiter.de verrät, den Vertrag als japanischer Nationalcoach, den hat er nach dem hoch erfolgreichen Auftritt bei den Spielen in Tokio auch beendet: „Ich bin 76, habe elf Olympiaden gemacht. Immer in irgendeiner Funktion. Ich muss nicht mit 80 noch auf der Olympiade rumstehen. Die Japaner wollten gerne, dass ich weitermache, aber das ist jetzt ausgelaufen. Die haben noch die Pferde bei mir und ich habe jetzt einen relativ lockeren Beratervertrag.“

Und ein Reiter ist bei ihm geblieben: „Einen habe ich eingestellt. Eiken Sato reitet jetzt hauptberuflich nur für mich. Den Eiken kannte ich und habe mehr oder minder zur Bedingung gemacht: Wenn ich die Verantwortung fürs japanische National-Team übernehmen sollte, will ich auch vernünftige Reiter haben, damit ich etwas draus machen kann. Eiken hat das lange hin und her überlegt, ich habe ein paar Mal mit ihm telefoniert. Und ich habe ihm gesagt, wir finden auch eine Lösung für danach, damit er für sein Leben planen kann.“

Erzählt es und verschwindet ganz leise, kaum dass man es bemerkt, aus dem Raum mit den vielen Gästen. Bettina Schockemöhle lächelt nur: „Das macht er schon seit 12 Jahren, seit wir hier sind, dass er abends von hier in die Lewitz fährt. Das Loslassen ist nicht so sehr seine Baustelle, denn er hat noch so viel zu tun.“

 Aber sie hofft doch, dass sie jetzt „einfach mal einen Sonntag zu Hause sein und nichts machen“ können.