Sie gewann ihren ersten 4-Sterne-Grand Prix in Hohen Wieschendorf, sicherte sich den Sieg im Finale zum U-25 Springpokal beim CHIO Aachen und holte Bronze bei der Deutschen U-25 Meisterschaft in Riesenbeck: 2023 war das Jahr der Teike Carstensen!
Die 25-jährige Amazone aus Schleswig-Holstein ist auf dem Weg nach oben. Unaufhaltsam, ehrgeizig, fleißig, selbstkritisch und immer bescheiden. Wir haben mit Teike über ihre sportliche Karriere, ihre Ziele, ihre Super-Stute Greece, über Selbstkritik und Vorbilder gesprochen. Und die Norddeutsche hat uns verraten, wie ihr perfekter Sonntag ohne Pferde aussieht.
„Das war sicher mein bisher erfolgreichstes Jahr. Der größte Sieg war der CSI4*-Grand Prix Sieg in Hohen Wieschendorf im Frühjahr. Das war auch mein erstes 4-Sterne Turnier und dann gleich der Sieg, damit habe ich daher auch so gar nicht gerechnet. Das war echt cool. Auch cool war natürlich Aachen. In dem Stadion zu reiten. Das war ein Traum. Die Siegerehrung dort zu reiten, das schockt schon, wenn alle jubeln und sich hinstellen. Das ist etwas ganz Besonderes. Da freut man sich noch einmal mehr“, schwärmt Teike im Rückblick auf ihr erfolgreiches Sportjahr 2023.
Hinter dem Erfolg steckt jahrelange harte Arbeit. Schon als Children-Reiterin bestritt Teike Carstensen Euorpameisterschaften. Sie hat das Pferde-Gen von ihren Eltern geerbt, die in Sollwitt eine Hengsstation betreiben. „Ich sitze auf dem Pferd, seitdem ich denken kann“, lacht Teike. Genauso ist es bei ihren beiden jüngeren Geschwistern Beeke und Bruder Tjade. Pferde gehören zur Familie Carstensen wie Ebbe und Flut zu der rund 20 Kilometer entfernten Nordsee.
Trotzdem war es den Eltern immer wichtig, dass die Kinder eine Ausbildung machen, einen Plan B haben. Wenn Sturm auftritt, die Erfolgswelle bricht, dann ist es gut, eine Alternative in der Tasche zu haben. Auch das hat Teike früh gelernt: „Mama und Papa haben immer gesagt, Teike, mache eine Lehre. Es wäre doch cool, wenn du noch etwas im Hintergrund hast. Gerade, wenn man sich mal irgendwie verletzt.“
Bodenständig, wie sie ist, hat sie auf ihre Eltern gehört, machte eine Ausbildung als Bürokauffrau bei Stephan Johannsen in Hörup. Seit Anfang des Jahres ist sie dort nun als Bereiterin angestellt, will zusammen mit dem Team Johannsen einen internationalen Sportstall aufbauen.
Ihr Chef sicherte ihr auch ihr Top-Pferd, die 2014 geborene Schimmelstute Greece (v. Mylord Carthago). „Da gab es nach den letzten Erfolgen auch schon den einen oder anderen Interessenten. Jetzt gehört die Stute Stefan Johannsen, er hat sie für mich gesichert. Er ist auch mein Chef. Und es ist echt cool, dass ich die Chance bekommen habe, sie weiter zu reiten“, freut sich Teike.
Die Stute stammt aus der Zucht ihrer Oma, und Teike sitzt im Sattel der sensiblen Stute, seitdem diese vier Jahre alt ist.
„Normalerweise ist sie die treueste Seele, aber wenn es in den Parcours geht, dann ist sie schon sehr an, sehr motiviert. Im Parcours ist sie manchmal teilweise sogar etwas übermotiviert. Da muss ich schon mal sagen, du Greece, warte mal. Das macht es dem Reiter natürlich auf der anderen Seite aber auch viel einfacher, auf der Bremse zu sitzen, als immer nur zu pumpen. Sie will eben immer alles geben“, beschreibt Teike ihr Herzenspferd.
Sie hofft nun auf gute Nachwuchs-Pferde, die Greece demnächst etwas entlasten können. Wie die schwarze Stute Gasira (v.Casalito).
„Die hat sich jetzt schon ganz gut bewiesen. Ich habe sie erst vor ein paar Monaten von meinem Bruder Tjade übernommen. Wir haben getauscht. Er hat ein Pferd von mir bekommen und ich von ihm Gasira. Das Pferd, das ich abgegeben habe, darauf habe ich mich nicht mehr so wohl gefühlt. Mein Bruder hatte immer schon gesagt, wenn du die nicht mehr willst, die will ich unbedingt. Dann hat Papa gesagt, dann tauscht doch einfach mal. Ich habe mich gleich in Gasira verliebt und er in die andere, und jetzt klappt das“, freut sich Teike. Gasira gehört ihrem Vater. Wie lange die talentierte schwarze Stute unter ihrem Sattel bleibt, ist nicht sicher. „Wir leben natürlich vom Pferdeverkauf. Wenn es irgendwann mal passt, wird sie vielleicht auch verkauft. Aber erstmal kann ich sie jetzt reiten.“
Jeden Tag reitet sie rund sechs bis zehn Pferde. „Wenn kein Turnier ist, mache ich manchmal sonntags frei. Dann schlafe ich auch mal aus, verbringe Zeit mit der Familie oder mit meinem Freund. Und ich finde es auch schön, mich mal mit Freunden zu treffen, die nichts mit Pferden zu tun haben“, gibt Teike zu.
Ihr Trainer ist bis heute ihr Vater, der selber bis S in Dressur und Springen erfolgreich geritten ist. Von ihm hat sich auch gelernt, selbstkritisch zu sein, sich immer selber wieder auf den Prüfstand zu stellen.
„Man muss einfach immer an sich selber arbeiten. Ich kenne viele, die geben immer nur dem Pferd die Schuld. Das mag ich nicht so gerne. Meistens ist man eh selber schuld. Das Pferd macht nur das, was man ihm gesagt hat. Oder eben auch nicht gesagt hat“, bringt es die Springreiterin auf den Punkt.
Sie findet es wichtig zu gucken, wie es die anderen machen. „Man muss an seiner dressurmäßigen Arbeit feilen, es geht nicht, immer nur jeden Tag zu springen“, findet Teike. Für sie ist es eine spannende Herausforderung, sich immer wieder auf die unterschiedlichen Pferde einzustellen.
Auch wenn es mal Rückschläge gibt. Das ist natürlich auch bei ihr so.
„Es gibt ja nie eine Saison nur mit Siegen oder positiven Ritten. Das muss man früh lernen, man muss lernen, auch mit Niederlagen umzugehen. Wenn ich mal eine schlechte Runde hatte, versuche ich mich selber zu hinterfragen, Teike, was kannst Du besser machen. Dann möchte ich auch am liebsten sofort die nächste Runde reiten, damit ich es dann auch gleich besser machen kann“, erzählt Teike lachend. Den Kopf lässt sie auch nach einem Misserfolg nicht hängen.
„Zum Glück habe ich so viele Leute um mich herum, die dann sagen, Teike reiß dich zusammen. Das passiert mal, auch den Profis. Nächstes Mal läuft es wieder besser. Da gib es auch mal deutliche Kritik von meinem Vater, aber danach ist es dann auch gut und geht wieder weiter“, sagt die Norddeutsche offen.
Dabei hilft auch eine gute Beobachtungsgabe. „Ich finde es toll zu sehen, wie so ein Scott Brash das macht oder ein Henrik von Eckermann. Auch Katrin Eckermann mag ich sehr gerne reiten sehen. Von jedem kann man sich etwas abschauen, etwas lernen. Wie von Marcus Ehning. Bei ihm sieht es immer so aus, als sei er eins mit dem Pferd. Das ist wirklich beeindruckend“, schwärmt Teike von ihren Vorbildern.
Beeindruckend findet sie auch den Aufstieg des Richard Vogel: „Ganz so schnell reiten wie Richi Vogel, kann ich noch nicht. Dagegen schlafe ich noch ein im Parcours. Da muss man schon auch den Mut haben, so durch den Parcours zu fegen“, lacht Teike anerkennend.
Auch ihr liegen eher die Pferde mit etwas mehr Blut, etwas mehr Go nach vorne. „Greece und Gasira sind eher etwas heißer. Das mag ich lieber als so eine Schlaftablette, die man immer motivieren muss.“ Zu gerne würde sie einmal auf dem Seriensieger von Henrik von Eckermann, King Edward, Platz nehmen. „Da würde ich gerne mal wissen, wie sich das anfühlt. Das sieht schon immer sehr leicht aus, wenn der durch den Parcours reitet. Den könnte ich mir auch in meinem Stall vorstellen“, lacht Teike.
Die junge Springreiterin ist nicht nur im Top-Sport unterwegs, sondern bildet auch immer wieder junge Pferde selber aus. Beides macht ihr gleichermaßen Spaß. „Wenn ich ein cooles junges Pferd habe, liebe ich es auch, Springpferdeprüfungen zu reiten. Oder in Richtung Bundeschampionat. Das ist auch immer ein Ziel bei uns.“
Im Moment genießt sie den Aufstieg mit Greece in den internationalen Top-Sport, auch wenn sie sich die Herumreiserei um den Globus nicht auf Dauer vorstellen kann.
„Ich muss nicht jede Woche von zu Hause weg sein, jede Woche nur hin und her reisen. Derzeit mit Greece ist es cool. Aber ich denke, ich möchte es nicht mein Leben lang machen. Nur reisen und gar nicht bei der Familie zu Hause zu sein, das wäre nichts für mich“, gibt Teike zu, die sich selbst als Familienmensch beschreibt, gerne irgendwann auch Kinder haben möchte. „Jetzt ist noch die Zeit für mehr Sport, später setze ich meinen Schwerpunkt vielleicht eher in die Ausbildung junger Pferde“, glaubt sie.
Damit der Sport auch in den nächsten Jahren viele Menschen fasziniert, hofft Teike auf „mehr Ruhe“ von allen Beteiligten.
„Wir können als Reiter alle vermeiden, dass es schlechte Bilder auf dem Abreiteplatz gibt. Es gibt auch Reiter, bei denen man sich fragt, tut das jetzt Not. Aber generell ist es schon weniger geworden, viele Reiter achten da heute drauf. Man muss selbst auf sich aufpassen, das Pferd nach einem Missgeschick einmal klopfen und fertig. Ich würde mir von Allen in der ganzen Szene mehr Ruhe wünschen. Auch, dass die Medien wieder etwas runterfahren. Die Top-Pferde werden ja behandelt wie Profisportler. Wenn es denen nicht gut gehen würde, würden die auch nicht über diese Hindernisse springen.“
Für 2024 hat sie auch schon große Ziele. Beim Weltcup-Turnier in Leipzig im Januar hat sie sich auf die Liste setzen lassen: „Ich hoffe, dass ich in 2024 öfter die Fünf-Sterne-Luft schnuppern kann.“ Ein besonderes Highlight ist ihr „Heimturnier“, die VR Classics in Neumünster im Februar: „Es ist echt cool, vor heimischem Publikum zu reiten. Das ist so eine tolle Atmosphäre in der Halle, so ein Hexenkessel. Das schockt richtig.“
Und wenn es so viel Spaß macht wird die Erfolgsgeschichte der Teike Carstensen sicher auch in 2024 ihre Fortsetzung finden.
Text und Interview: Corinna Philipps