Das olympische Turnier fing doch so vielversprechend für Team Deutschland an: Als Einzige mit drei Nullrunden am Donnerstag in die Mannschafts-Qualifikation gestartet – aber seit diesem Auftakt ist irgendwie der Wurm drin. In der Mannschafts-Entscheidung am nächsten Tag mit zwei Vier-Fehler-Ritten die Medaillenplätze verpasst und heute können sich von dem Trio sogar nur noch zwei Reiter-Pferd-Paare mit Zittern für die Einzelentscheidung morgen qualifizieren, wo alles wieder bei Null losgeht in umgekehrter Reihenfolge zum heutigen Ergebnis der 30 Qualifizierten.
Als 21. Starter von 74 nahm Christian Kukuk mit Checker (v. Comme il faut) den für diesen Anlass optimal gestalteten Parcours im Schlosspark von Versailles mit schönen, aber nicht überladen wirkenden Hindernissen über 1,55m bis 1,63m Höhe in Angriff. Hoch konzentriert pilotierte der Riesenbecker den 14jährigen Schimmel fehlerfrei über die Klippen, bis in der Dreifachen Kombination eine Stange fiel. Es blieb bei den vier Fehlerpunkten und mit 72,00 Sekunden im Ziel war er am Ende bester Deutscher und als 24. qualifiziert für das Dienstags-Finale der besten 30.
Er selbst sagte hinterher: “Ich hatte mir vorher zwei Szenarien ausgemalt. Fest stand für mich, dass ich versuchen werde, eine gute Zeit zu haben heute, weil Checker grundsätzlich auch ein schnelles Pferd ist und ihm das eigentlich auch liegt, wenn ich so ein bisschen angreife im Parcours. Und dann war so ein bisschen die Option, ich bin null und habe eine super Startposition morgen im Finale, oder ich habe leider einen kleinen Flüchtigkeitsfehler, habe aber dann trotzdem noch eine Chance weiterzukommen, weil ich vielleicht unter den schnellsten Vierern bin. Der Fall ist jetzt eingetreten. Grundsätzlich kann ich meinem Pferd hier überhaupt nichts vorwerfen. Ich glaube, wir haben in drei Runden hier wirklich eine starke Performance abgeliefert, haben leider zweimal Flüchtigkeitsfehler gehabt. Wenn das Glück heute ein bisschen auf meiner Seite ist, dann bin ich morgen noch drin, und dann gibt es noch mal eine Chance und: Never say never.“
Als Zweiter von Team Deutschland ging Richard Vogel mit United Touch S (v. Untouched) als 44. Starter ins Rennen. Auch bei ihm lief es wie erwartet bis zur Dreifachen und wieder fiel eine Stange. Doch dann wurde er angesichts des Zeitdrucks hektisch, drückte in der Schlusslinie überfallartig aufs Tempo und kam mit ungewöhnlichen 12 Fehlerpunkten ins Ziel. Damit war für ihn die olympische Reise zu Ende.
Sein Fazit hinterher lautete: “Zur ganzen Wahrheit gehört, United sprang wirklich wieder richtig gut. Ich bin im Moment noch der festen Überzeugung – wir haben es logischerweise noch nicht final analysiert – dass der erste Fehler auch vermeidbar gewesen wäre. Ich hätte mich ein bisschen mehr aufrichten müssen. Kombinationen werden grundsätzlich eng für ihn, das ist nichts Neues, aber ich hätte ihm trotzdem ein bisschen mehr helfen können an dem Oxer-Aussprung. Dann musste natürlich eine schnelle Entscheidung her, wie wir möglichst schnell noch in die Schlusslinie reiten können, weil sicherlich nicht alle Vierer weiterkommen. Und so habe ich mich dann kurz und spontan im Parcours dazu entschieden, einen Galoppsprung weniger zu machen, in beiden Distanzen in der Schlusslinie, was glaube ich, wenn das ein bisschen früher geplant gewesen wäre und mit ein bisschen mehr Ruhe angegangen wäre, an sich kein Problem für United ist. In dem Fall war es so ein bisschen hektisch und zu kurzfristig entschieden, dafür hat die nötige Ruhe dann gefehlt, um aus dem Tempo dann die Sprünge fehlerfrei zu absolvieren. Die Schuld geht total auf mich. Wir müssen daraus lernen und müssen es besser machen.“
Also ruhten dann alle deutschen Hoffnungen auf Philipp Weishaupt, denn bis zu seinem Start war ja auch noch nicht sicher, ob Christian Kukuk qualifiziert ist. Der Routinier und Vize-Europameister war mit Zineday (v. Zinedine) spät, als 70. Starter dran. Aber auch er kam nicht ungeschoren davon. Diesmal war es nicht die Dreifache, die nicht nur seinen deutschen Team-Partnern an diesem Tag Probleme bereitete, sondern die Planke auf einer bunten Mauer. Also noch einmal vier Punkte auf dem schwarzrotgoldenen Konto, aber mit 73,42 Sekunden schaffte das Paar noch haarscharf die Qualifikation. Als 30., was bedeutet, dass sie am Dienstag das Springen als erste Starter eröffnen müssen.
Philipp Weishaupt blickte in seinem Fazit nach dem Ritt auch gleich optimistisch nach vorne: “Klar wäre eine Startposition ein bisschen weiter hinten besser. Aber im Stechen ist dann sowieso wieder umgekehrte Reihenfolge vom Ergebnis, von daher ist es ein bisschen egal. Ich habe heute vorher vier Stunden im Stall gewartet und hab mir viele Gedanken gemacht, vorwärts, rückwärts, wie ich es jetzt mache. Das ist auch nicht ideal. Morgen kann ich einfach frisch losreiten von vorneweg als erster Starter.”
Auch Bundestrainer Otto Becker blickt mit der Zwischenbilanz, zwei Reiter im Finale zu haben, lieber nach vorne als zurück: „Ja, das ist gut. Aber lieber wäre es uns natürlich gewesen, wenn alle drei dabei gewesen wären. Wir sind froh, dass Philipp und Christian dabei sind. Und ja, vielleicht ist es ja ein gutes Omen. Im Teamspringen in der Qualifikation waren alle null und hatten dann einen Fehler im Finale – außer Philipp – und nun sind sie mit einem Fehler weitergekommen. Und es fängt morgen bei null an. Es ist ein neuer Wettbewerb und alles ist möglich morgen.“
Wieder einmal schnellster Fehlerfreier und damit der Sieger des Tages wurde unter dem Jubel seiner heimischen Fans Julien Epaillard mit Dubai du Cedre vor zwei Iren, die ja ebenfalls enttäuscht aus dem Team-Finale gekommen waren: Shane Sweetnam mit James Kann Cruz und Daniel Coyle mit Legacy. Dahinter folgte Harrie Smolders mit Uricas v/d Kattevennen vor den beiden Schweizern, die mit ihrem Team das Mannschaftsfinale sogar komplett verpasst hatten: Martin Fuchs auf Leone Jei vor Steve Guerdat mit seiner Europameisterschafts-Partnerin Dynamix de Belheme.
Zu denen, die in der Einzel-Qualifikation genauso wie Richard Vogel an diesem Montag ausgeschieden sind, gehörten große Namen: Mit-Medaillen-Favorit McLain Ward als 34., der es im Ziel gar nicht glauben wollte, dass Ilex die letzte Stange mitgenommen hatte, Rolf-Göran Bengtsson mit Zuccero als 32. und sein Landsmann Peder Fredricsson als 43. mit Catch Me Not S. Nur der dritte Schwede, die Dauer-Nummer 1 Henrik von Eckermann, hatte mit seinem King Edward gleich als fünfter Starter mit einer Nullrunde für sich das Finale gesichert.
Ein vorzügliches Signal zum Pferdeschutz gab es von den Kampfrichtern, als Janakabhorn Karunayadhaj als Einzelreiterin für Thailand mit Kinmar Argalux durch den Parcours ritt: Als immer mehr Stangen fielen und die Überforderung von Reiterin und Pferd offensichtlich wurde, haben sie konsequent den Ritt abgeläutet. Ein wichtiges Signal – und hoffentlich Anlass, über die Qualifikations-Möglichkeiten für Olympia noch einmal gründlich nachzudenken.
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