Die neuen Zuchtwerte sind da, zum zweiten Mal basierend auf drei verschiedenen, getrennt voneinander durchgeführten Zuchtwertschätzungen: „Jungpferdeprüfungen“, „nationaler Turniersport“ sowie „Höchste erreichte Klasse im internationalen und nationalen Turniersport (HEK)“. Trotz der Corona-Pandemie und des dadurch teilweise komplett heruntergefahrenen Turniersports fiel der Datenzuwachs bei Springprüfungen zwar um rund 35 Prozent geringer aus, bei Dressurprüfungen sogar um 50 Prozent, dennoch konnten am Ende für die Zuchtwertschätzung über eine halbe Million neuer Daten zum bisherigen Datenbestand hinzugefügt werden. Seit Mitte der 90er Jahre werden Daten zur Schätzung der Zuchtwerten gesammelt und ausgewertet, seit vergangenem Jahr fließen auch zur Ermittlung des ‚HEK‘ auch internationale Ergebnisse ein. Dafür werden vom Weltreiterverband (FEI) Daten von deutschen Pferden, beginnend mit dem Jahr 2008, zur Verfügung gestellt.
Das Ziel einer jeden Zuchtwertschätzung ist es, erblich bedingte Leistungsunterschiede möglichst genau zu schätzen, um dadurch dem Züchter die benötigte Grundlage für seine Anpaarungsentscheidung zu liefern. Eine Garantie für eine erfolgreiche Anpaarung kann sie natürlich nicht geben. Durch das Verfahren der FN-Zuchtwertschätzungen werden Informationen aus dem Sport sowie der Zucht zusammengeführt, die dem Ziel einer frühen, genauen und bestmöglichen Vorhersage der Zuchtwerte dienen. Bei der Interpretation der Zuchtwerte gilt es auf jeden Fall zu beachten, dass die Zuchtwerte mit unterschiedlichen Sicherheiten geschätzt werden, in einer Spanne von 99 Prozent (sehr sicher) bis 70 Prozent (unsicher geschätzt).
FN-Zuchtwertschätzung Höchste erreichte Klasse (HEK)
Bereits zum zweiten Mal wurde in diesem Jahr eine Zuchtwertschätzung basierend auf den nationalen und internationalen Turniersportdaten durchgeführt. Das Merkmal ist die jeweils höchste erreichte Klasse (HEK) in den Disziplinen Dressur und Springen. Zu den fast 19 Millionen Ergebnissen (2019: 18,5 Millionen Ergebnisse) aus den Turniersportprüfungen in Deutschland konnten noch nahezu 955.000 Ergebnisse von deutschen Pferden (2019: 887.000 Ergebnisse) aus dem internationalen Turniersport hinzugefügt werden.
Die Zuchtwerte HEK für Hengste werden nur dann veröffentlicht, wenn die geschätzten Zuchtwerte HEK Springen beziehungsweise Dressur eine Sicherheit von mindestens 70 Prozent aufweist, die Schätzung auf mindestens fünf Nachkommen mit Eigenleistungen basiert, der Zuchtwert Turniersport veröffentlicht ist und ein Nachkomme mindestens sieben Jahre alt ist.
Bei der Zuchtwertschätzung mit der höchsten erreichten Klasse im Springen sind 1.897 Hengste veröffentlicht. Demnach haben die TOP ein Prozent der Hengste einen Zuchtwert von 164 Punkten und die besten fünf Prozent müssen einen Zuchtwert von 144 Punkten und besser ausweisen. Hengste mit einem Zuchtwert von 133 Punkten und besser gehören zu den besten zehn Prozent der Hengste und Hengste mit einem Zuchtwert von 116 Punkten und besser zu den besten Viertel.
Die nachfolgende Liste zeigt die TOP ein Prozent Hengste im Springen mit einem Zuchtwert Springen HEK von 164 und besser (alphabetisch sortiert):
- Baloubet du Rouet v. Galoubet A (ZWS 180 / 98 % Sicherheit)
- Calvaro Z v. Caletto I (167 / 96 %)
- Caspar v. Cassini I v. (167 / 96 %)
- Chacco-Blue v. Chambertin (174 / 99 %)
- Chaccomo v. Chacco-Blue (165 / 83 %)
- Cornado I v. Cornet Obolensky (164 / 96 %)
- Cornado II v. Cornet Obolensky (165 / 83 %)
- Cornet Obolensky v. Clinton (175 / 99 %)
- Cumano v. Cassini I (202 / 83 %)
- Diamant de Semilly v. Le Tot de Semilly (173 / 98 %)
- Dollar Du Murier v. Jalisco B (167 / 88 %)
- Heartbreaker v. Nimmerdor (177 / 96 %)
- Jalisco B v. Alme (167 / 89 %)
- Kashmir van het Schuttershof v. Nabab de Reve (182 / 93 %)
- Lando v. Lancier (164 / 85 %)
- Le Tot de Semilly v. Grand Veneur (165 / 89 %)
- Ogano Sitte v. Darco (170 / 89 %)
- Quasimodo Z v. Quidam de Revel (175 / 91 %)
- Toulon v. Heartbreaker (165 / 95 %)
FN-Zuchtwertschätzung Jungpferdeprüfungen
Für die Zuchtwertschätzung Jungpferdeprüfungen fließen die Ergebnisse, die junge Pferde in Dres-sur- und/oder Springpferdeprüfungen erzielen, über die Wertnote in die Zuchtwertschätzung ein. Hinzu kommen die Noten aus den Zuchtprüfungen (Zuchtstutenprüfungen, Hengst-leistungsprüfungen, Veranlagungsprüfungen und aus den Sportprüfungen für Hengste). Für das integrative Zuchtwertschätzverfahren standen über 4,7 Millionen Informationen aus den Aufbauprüfungen von über 400.000 Pferden (2019: über 397.230 Pferde), über 95.000 Informationen aus Zuchtstutenprüfungen, über 4.700 Informationen aus Veranlagungsprüfungen, über 8.200 Informationen aus den Hengstleistungsprüfungen und 516 Informationen aus den Sportprüfungen zur Verfügung.
Damit der jeweilige Zuchtwert Jungpferdeprüfungen eines Hengstes veröffentlicht wird, muss auch hier die Sicherheit des Zuchtwertes mindestens 70 Prozent betragen und es müssen mindestens fünf Nachkommen eine Eigenleistung vorweisen.
Im Springbereich der Jungpferdeprüfungen sind 3.380 Hengste veröffentlicht. Die Grenzen der Besten sind bei dieser Zuchtwertschätzung folgende: die besten ein Prozent der Hengste haben einen Zuchtwert von 142 Punkten und die besten fünf Prozent müssen einen Zuchtwert von 132 Punkten und besser ausweisen. Hengste mit einem Zuchtwert von 126 Punkten und besser gehören zu den besten zehn Prozent und mit einem Zuchtwert von 113 Punkten und besser zu den besten 25 Prozent der Hengste.
Folgende Liste zeigt die TOP ein Prozent der Hengste im Springen mit einem Zuchtwert Jungpferdeprüfungen Springen von 142 und besser (alphabetisch sortiert):
- Balous Bellini v. Balou du Rouet (ZWS 145 / 88 % Sicherheit)
- Bellini Royal v. Balous Bellini (144 / 75 %)
- Cachassini v. Cachas (145 / 82 %)
- Cadanos v. Catoki (142 / 71 %)
- Canstakko v. Canturo (142 / 91 %)
- Cascadello I v. Casall (145 / 92 %)
- Catoki v. Cambridge (145 / 95 %)
- Cellestial v. Cantus (144 / 94 %)
- Chacco Chacco v. Chacco-Blue (148 / 81 %)
- Chalan v. Chambertin (142 / 85 %)
- Cloney v. Contender (142 / 85 %)
- Comme il faut v. Cornet Obolensky (143 / 92 %)
- Cornado I v. Cornet Obolensky (143 / 90 %)
- Cornado II v. Cornet Obolensky (143 78 %)
- Cornet Obolensky v. Clinton (144 / 97 %)
- Dallas VDL v. Douglas (Rousseau) (143 / 75 %)
- Diacontinus v. Diarado (156 / 92 %)
- Douglas (Rousseau) v. Darco (143 / 84 %)
- Elvis ter Putte v. Diamant de Semilly (142 / 76 %)
- Grey Top v. Graf Top (149 / 93 %)
- Heartbreaker v. Nimmerdor (145 / 87 %)
- Hickstead White v. Hickstead (143 / 71 %)
- Los Angeles v. Light On (144 / 86 %)
- Orlando v. Heartbreaker (143 / 77 %)
- Perigueux v. Perpignon (150 / 94 %)
- Qualito v. Quaid I (160 / 77 %)
- Salito v. Stakkato (142 / 89 %)
- Samorano v. Stakkato (142 / 76 %)
- Sampres v. Stakkato (151 / 75 %)
- Sandokan LGST v. Stakkato (144 / 77 %)
- Stakkato v. Spartan v. (153 / 98 %)
- Stakkato Gold v. Stakkato (152 / 91 %)
- Stanley v. Stakkato (154 / 87 %)
- Starpower v. Stakkato (143 / 75 %)
- Stolzenberg v. Stakkato (142 / 95 %9
- Valentino v. Now Or Never M (143 / 94 %)
FN-Zuchtwertschätzung Turniersport
Bei der Zuchtwertschätzung Turniersport dienen als alleinige Informationsgrundlage die Starts beziehungsweise die Rangierungen in den deutschen Turniersportprüfungen. In diesem Jahr sind für die Schätzung mittlerweile Daten von fast 577.000 Pferden (2019: über 566.000 Pferde) und den Ergebnissen von fast 19 Millionen Turniersportprüfungen in Deutschland verarbeitet. Aus den Springprüfungen stammen über 13,2 Millionen Leistungen (2019: 12,8 Ergebnisse) und aus den Dressurprüfungen fast 5,8 Millionen Ergebnisse (2019: über 5,7 Millionen Ergebnisse).
Die jeweiligen Zuchtwerte Turniersport werden veröffentlicht, wenn sie eine Sicherheit von mindestens 70 Prozent aufweisen, die Schätzung auf mindestens fünf Nachkommen mit Eigenleistungen basiert und die Hengste einen veröffentlichten Zuchtwert Jungpferdeprüfungen haben.
Bei den 1.910 Springhengsten mit einem veröffentlichten Zuchtwert beginnt die TOP ein Prozent Klasse sogar erst ab einem Zuchtwert von 149 Punkten, die besten fünf Prozent liegen bei einem Zuchtwert von 135 Punkten und besser. Hengste mit einem Zuchtwert von 128 Punkten und besser zählen zu den besten zehn Prozent der Hengstpopulation und Hengste mit einem Zuchtwert von 115 Punkten und besser zum oberen Viertel.
Hier sind die TOP ein Prozent der Hengste mit einem Zuchtwert Turniersport Springen von 149 und besser (in alphabetischer Reihenfolge):
- Cardento v. Capitol I (ZWS 149 / 91 % Sicherheit)
- Carvallo BB v. Carthago (153 / 86 %)
- Cash v. Cor de la Bryere (150 / 86 %)
- Chacco Chacco v. Chacco-Blue (150 / 70 %)
- Chellano Z v. Contender (152 / 87 %)
- Comme il faut v. Cornet Obolensky (150 93
- Concorde v. Voltaire (150 / 94 %)
- Darco v. Lugano van la Roche (149 / 96 %)
- Diamant de Semilly v. Le Tot de Semilly (157 / 94 %)
- Galoubet A v. Alme (163 / 82 %)
- Harley VDL v. Heartbreaker (165 / 70 %)
- Heartbreaker v. Nimmerdor (169 / 93 %)
- Jalisco B v. Almé (149 / 85 %)
- Kashmir van het Schuttershof v. Nabab de Reve (168 / 85 %)
- Le Tot de Semilly v. Grand Veneur (163 / 81 %)
- Lupicor v. Lux (153 / 92 %)
- Mr. Blue v. Couperus (149 / 84 %)
- Orlando v. Heartbreaker (152 / 80 %)
- Quick Star v. Galoubet A (157 / 95 %)
FN-Erfolgsdaten helfen bei der Suche nach dem richtigen Hengst
Die Zuchtwerte einzelner veröffentlichter Hengste sind ab sofort im Bereich Zucht (Doris Frerich, Telefon 02581/6362-209, E-Mail dfrerich@fn-dokr.de) erhältlich. Auf der Internetseite www.pferd-aktuell.de/pferdezucht/hengste/zuchtwertschaetzungen stehen auch jetzt schon die erweiterten TOP-Listen aller drei Zuchtwertschätzungen in Dressur und Springen zum Downloaden zur Verfügung.
Darüber hinaus liefern die FN-Erfolgsdaten auf der Internetseite www.fn-erfolgsdaten.de ausführliches Such- und Datenmaterial. Um den passenden Hengst zur Stute zu finden, bieten die FN-Erfolgsdaten ab Dezember des Jahres verschiedene und umfangreiche Filterfunktionen für die verschiedenen Zuchtwerte von Rittigkeit bis zum Schritt und liefern gleichzeitig auch die Anzahl der Starts und Platzierungen der Hengste selbst und seiner Nachkommen in den vier Prüfungsarten Turniersport, Aufbau-, Zuchtstuten- und Hengstleistungsprüfungen. Hier können beispielsweise die Hengste auch nach mehreren Zuchtwerten selektiert werden. Neben den aktuellen FN-Erfolgsdaten aus Sport und Zucht werden aber auch eine Vielzahl weiterer, exklusiver Recherche- und Informationsfunktionen über Pferde, Reiter, Fahrer, Züchter, Turnierfachleute, Veranstaltungen, Vereine und Betriebe geboten.
Weitere Informationen zur Schätzung von Zuchtwerten
Datengrundlage der Modelle der Zuchtwertschätzung sind die vorliegenden Leistungs- und Abstammungsdaten. Zu den Leistungsdaten der Zuchtwertschätzung Turniersport gehören die Ergebnisse aus dem deutschen Turniersport bis zur Klasse S. Diese Daten werden seit dem 1. Januar 1995 über das Turnier-Organisations-System TORIS erfasst. Darüber hinaus stehen seit 2019 auch die internationalen Sportdaten aller deutschen Pferde für die Zuchtwertschätzung zur Verfügung und konnten deshalb in der Zuchtwertschätzung Höchste erreichte Klasse (HEK) genutzt werden. Die ersten Daten aus der FEI-Datenbank stammen aus dem Jahr 2008.
Für die Zuchtwertschätzung Jungpferdeprüfungen werden Daten aus den Aufbauprüfungen und den Zuchtstuten-, Veranlagungs-, Hengstleistungs- und Sportprüfungen verarbeitet. Als Leistungsmerkmale werden je nach Erfassung in den einzelnen Zuchtprüfungen die Noten für Schritt, Trab, Galopp, Rittigkeit, Frei- und Parcoursspringen verwendet.
Zu allen Leistungsdaten kommen noch die Abstammungsdaten aus mindestens zwei Generationen hinzu, die für eine verwandtschaftliche Verknüpfung herangezogen werden.
Zur Schätzung des Zuchtwertes (genetische Veranlagung) eines Pferdes wird seine eigene Leistung berechnet, ebenso wie die seiner Verwandten. Eine Leistung wird unter Betrachtung der Umwelt, in der sie erbracht wurde, gesehen. Der Begriff Umwelt berücksichtigt beispielsweise für die Merkmale des Turniersports und der Aufbauprüfungen die Faktoren Alter und Geschlecht des Pferdes sowie die Leistungsklasse des Reiters. Das Schätzverfahren mit den internationalen Sportdaten berücksichtigt die Umweltfaktoren Geschlecht des Pferdes, Alter zum Zeitpunkt des letzten Starts und das Jahr, in dem erstmals der HEK-Wert erreicht wurde.
So wird auch in dem Modell mit den nationalen Turniersportdaten berücksichtigt, ob ein Pferd eine Prüfung gewonnen hat, weil es unter einem besonders guten Reiter ging, weil die anderen Pferde im Teilnehmerfeld besonders schwach waren oder weil das Pferd entsprechend hoch genetisch veranlagt ist. Durch die Berücksichtigung der Umwelteffekte ist das Schätzmodell in der Lage, die genetische Überlegenheit eines Pferdes diesen Einflussfaktoren differenziert zuzuordnen. Durch die Verknüpfung mehrerer Merkmale in der Zuchtwertschätzung Jungpferdeprüfung können auch für Pferde ohne Eigenleistung in den anderen Merkmalen Zuchtwerte anhand der Verwandtenleistung geschätzt werden.
Wichtig für die richtige Interpretation der Zuchtwerte ist die Sicherheit der Schätzung. Die Sicherheit ist eine Maßzahl, die die vorliegende Informationsmenge und Informationsqualität charakterisiert. Für Pferde mit wenig verfügbaren Informationen (wenn etwa nur von der Mutter oder dem Vater Informationen vorliegen) oder für Pferde, die nur Eigenleistungen (zum Bespiel nur wenige Starts in Turnierprüfungen) haben, wird der Zuchtwert „vorsichtiger“ geschätzt als für Pferde mit umfangreichen Informationen. FN / Dr. Teresa Dohms-Warnecke