Mit dem Jahreswechsel haben Stephan Haarhoff (27) und Roland Metz (48) ihre neuen Aufgaben als Zuchtleiter beziehungsweise Geschäftsführer des Verbandes der Züchter des Holsteiner Pferdes aufgenommen. Über ihre Pläne und Visionen, wie die Zukunft des Holsteiner Pferdes gestaltet werden kann, sprechen die beiden in diesem Interview.
Herr Metz, seit knapp zwei Jahren sind Sie nun für den Holsteiner Verband tätig. Jetzt übernehmen Sie noch mehr Verantwortung – lässt sich daraus schließen, dass Sie in Holstein die Perspektive für Ihre weitere berufliche Zukunft sehen?
Roland Metz: „Rückblickend waren die ersten beiden Jahre sehr bewegte und ereignisreiche Zeiten, in den wir vieles erreicht haben – nicht zuletzt mit Hilfe der starken Unterstützung aus der Züchterschaft. Dazu kommt, dass meine Familie und ich uns sehr gut in Schleswig-Holstein eingelebt haben. Ein toller Resthof in der Nähe von Elmshorn ist unser neues Zuhause geworden, wo sich auch meine Frau und Tochter wohlfühlen. Neben meinen Aufgaben beim Holsteiner Verband und der herzlichen Aufnahme durch seine Züchter waren es auch die privaten Umstände, die mich dazu bewogen haben, mehr berufliche Verantwortung zu übernehmen.“
Seit dem 1. Januar 2021 haben Sie zusätzlich zur Leitung der Holsteiner Verband Vermarktungs und Auktions GmbH die Aufgaben des Geschäftsführers des Gesamtverbandes inne. Wo sehen Sie zukünftig die Schwerpunkte Ihres Arbeitsalltages?
Roland Metz: „Eine sehr wichtige Aufgabe sehe ich darin, den Holsteiner Verband auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu halten. Der Markt für die deutschen Zuchtverbände wird zusehends schwieriger, aber mit dem Zuchtbuch ‚Holstein Global‘ ist der erste Schritt in die richtige Richtung bereits getan. Diese Öffnung zu leben und weiter voranzutreiben ist wichtig, um den Marktanteil der Holsteiner Pferde auch in Zukunft zu sichern. Darüber hinaus werden wir im Auge behalten, dass der Service für unsere Mitglieder hochgehalten wird. Durch die Trennung von Zuchtleitung und Geschäftsführung bekommt der Geschäftsführer fortan noch mehr Kapazitäten, um sich um die Wirtschaftlichkeit kümmern zu können – ohne den engen und kollegialen Austausch mit dem Zuchtleiter aus den Augen zu verlieren. Ich denke dabei beispielsweise an die Optimierung von Veranstaltungen, das Generieren von Werbeeinnahmen sowie die Stärkung der Verbandsanlage in Elmshorn als Heimathafen der Holsteiner Pferdezüchter.“
In den vergangenen Jahren hat sich der Holsteiner Verband in verschiedene Richtungen geöffnet. Auch das Thema Service für Züchter und die Digitalisierung zählen dazu. Haben Sie schon Pläne, ob und wie diese Bereiche in Zukunft weiter ausgebaut werden können?
Roland Metz: „Wie eingangs schon erwähnt, sehe ich eine der wichtigsten Aufgaben darin, den Marktanteil an Holsteiner Pferden zu stärken und weiter auszubauen. Ein wichtiges Hilfsmittel dabei ist die Digitalisierung, die es bereits seit einigen Jahren beispielsweise ermöglicht, Fohlen und Stuten online registrieren beziehungsweise eintragen zu lassen. Zudem wurde auf der vergangenen Delegiertenversammlung beschlossen, die Aufnahmegebühr von 300 auf 100 Euro zu senken. Damit haben wir ein Zeichen der Attraktivität im Vergleich mit anderen Zuchtverbänden gesetzt. Was die weitere Digitalisierung betrifft, hat uns die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr zu einigen neuen Wegen gezwungen, die sich rückblickend glücklicherweise bewährt haben. Ich denke dabei an die Erfahrungen im Bereich von Online- und Hybridauktionen, die wir sicherlich in Zukunft im Zuchtbereich nutzen werden. Zusammenfassend möchten wir – und da spreche ich für Stephan Haarhoff und mich gleichermaßen – den Holsteiner Verband für die Zukunft modern und erfolgreich aufstellen.“
Herr Haarhoff, zum Jahresbeginn haben Sie die Nachfolge von Dr. Thomas Nissen als Zuchtleiter des Holsteiner Verbandes angetreten. Was hat Sie dazu bewogen, sich auf diesen Posten zu bewerben?
Stephan Haarhoff: „Bereits in meiner Kindheit war ich von familiärer Seite mit dem ‚Pferdevirus‘ infiziert und mir war früh klar, dass ich meine Passion zum Beruf machen wollte. Aus diesem Grund habe ich meine Ausbildung frühzeitig in diese Richtung ausgelegt. Neben dem Studium der Landwirtschaft habe ich zahlreiche Praktika in Zuchtverbänden, Vorbildungen und letztendlich die zweijährige Ausbildung als Nachwuchsführungskraft im Bereich Zucht absolviert. Als die Stelle des Zuchtleiters beim Holsteiner Verband ausgeschrieben wurde, war mir sofort klar, dass ich mich bewerben wollte.“
Seit knapp eineinhalb Jahren sind Sie – zunächst als Nachwuchsführungskraft und dann als Assistenz der Zuchtleitung – nun schon beim Holsteiner Verband tätig. Wie sind Ihre bisherigen Eindrücke?
Stephan Haarhoff: „Meine bisherige Zeit beim Holsteiner Verband ist unheimlich schnell verflogen. In den eineinhalb Jahren wurde ich sehr herzlich aufgenommen und habe bereits zahlreiche passionierte Pferdeleute kennengelernt. Das Verbandsgeschehen ist durch viele traditionelle Abläufe geprägt. Diese Traditionen gilt es einerseits zu erhalten, und andererseits an die Anforderungen der heutigen Zeit anzupassen und entsprechend zu modernisieren.“
Der Holsteiner Verband hat sein Zuchtprogramm in den vergangenen Jahren stetig weiter geöffnet. Das Zuchtbuch ‚Holstein Global‘ hat diesbezüglich zahlreiche neue Möglichkeiten geschaffen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Stephan Haarhoff: „Ich halte sie für den richtigen Schritt. Die heutigen Züchter wollen freie züchterische Entscheidungen treffen und die Hengste nutzen, die sie begeistern und überzeugen. Zudem hat die Vergangenheit gezeigt, dass der gezielte Einsatz von Fremdblut durchaus zum gewünschten Zuchtfortschritt führen kann.“
Sie sind an der aktuellen Modernisierung des Sternchenmodells für Holsteiner Zuchtstuten maßgeblich beteiligt. Aus welchem Grund wurde das System überarbeitet und auf welche Neuerungen können sich die Züchter einstellen?
Stephan Haarhoff: „Unsere Züchter orientierten sich in erster Linie am (Spitzen-)Sport, daher werden wir auch im Sternchenmodell den Sporterfolgen ein größeres Gewicht verleihen. Die anstehenden Änderungen betreffen sowohl die Eigen- als auch die Nachkommenleistung der Stuten. Ich bin gespannt, wie sich die Überarbeitung auswirkt und welche Stuten die meisten Sterne erhalten.“
Das überarbeitete Modell orientiert sich also deutlich stärker an Sporterfolgen. Ist dabei auch die Berücksichtigung der FEI-Daten angedacht?
Stephan Haarhoff: „Ja, auch daran wurde gedacht. Um die Aussagekraft des Sternchenmodells nochmals zu erhöhen, ist es zwingend notwendig, internationale Sportdaten einzubeziehen. In den vergangenen Jahren hat sich der Sport stark gewandelt – er ist noch internationaler geworden und Serien, wie zum Beispiel die Global Champions Tour, haben sich etabliert. Zudem wurden viele Holsteiner Pferde ins Ausland verkauft und haben dort bemerkenswerte Sporterfolge gesammelt. Ab dem Jahr 2021 werden folgerichtig die FEI-Daten in das Modell einfließen und den Datenzufluss deutlich steigern.
Der Posten des Zuchtleiters ist eine sehr verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe. Wie sehen Sie Ihrer neuen Aufgabe entgegen?
Stephan Haarhoff: „Ich gehe mit großer Vorfreude, aber auch mit dem nötigen Respekt vor den Erfolgen meines Vorgängers, Dr. Thomas Nissen, an die neue Aufgabe heran. Außerdem freue ich mich auf zahlreiche konstruktive Gespräche mit den Züchtern. Bereits in den folgenden Wochen und Monaten kommt der neue Fohlenjahrgang zur Welt. Und ich bin sehr gespannt, wie sich insbesondere die Junghengste, die erstmalig im Deckeinsatz waren, vererben und ob die Zuchtentscheidungen der Züchter die Erwartungen erfüllen.“