Anders als im Sport hat sich die Corona-Pandemie 2020 bisher kaum auf die deutsche Pferdezucht ausgewirkt. „Erfreulicherweise hat die Pferdezucht in 2020 trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nur ein leichtes Minus im Vergleich zu dem Vorjahr hinnehmen müssen. Bei den deutschen Reitpferdepopulationen konnten sogar etwas mehr Stuten neu aufgenommen worden. Aber es ist natürlich noch nicht abzusehen, wie sich die Folgen aus der Pandemie langfristig auf den Markt und damit auch die Pferdezucht auswirken werden“, sagt Dr. Klaus Miesner, Geschäftsführer des Bereichs Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).
Die Corona-Pandemie bescherte der deutschen Warmblutzucht einen leichten Rückgang der eingetragenen Zuchtstuten um 1,2 Prozent von 51.944 auf 51.310, wobei die Zahl der neu ins Zuchtbuch aufgenommenen Stuten von 8.263 auf 8.340 stieg. Die Zahl der Bedeckungen lag mit 29.692 allerdings erstmals wieder unter der 30.000er Marke (2019: 30.694 Bedeckungen). Während der Corona-Pandemie wurden exakt so viele Warmblutfohlen registriert wie im Vorjahr 25.709. „Das ist wirklich Zufall. Die Entwicklungen in den Zuchtverbänden sind unterschiedlich, nur kommt am Ende dieselbe Summe an registrierten Fohlen bei den Warmblütern heraus“, erklärt Dr. Dohms-Warnecke, stellvertretende Geschäftsführerin im Bereich Zucht der FN.
In den Warmblutzuchten stieg im vergangenen Jahr die Zahl der Vererber minimal an. Insgesamt waren im vergangenen Jahr 2.318 Warmbluthengste (2019: 2.305) eingetragen. 384 Hengste traten zur Hengstleistungsprüfung für Reitpferde an, das sind 55 weniger als im Vorjahr. Dabei wurden bei den Sportprüfungen 155 Teilnehmer (2019: 188) und in den 14-tägigen Veranlagungsprüfungen 102 Teilnehmer (2019: 176) gezählt. Deutlich gestiegen ist die Zahl derjenigen, die sich der 50-tägigen Hengstleistungsprüfung stellten: 127 Teilnehmer statt 75. „Dies hängt stark mit den notwendigen Einschränkungsmaßnahmen durch die Corona-Pandemie zusammen. Die ersten Sportprüfungen konnten zwar wie geplant stattfinden. Nach dem ersten Lockdown mussten die Sport- und Veranlagungsprüfungen für Hengste im März und April 2020 abgesagt werden. Deswegen kam es zum Sonderbeschluss der Zuchtverbände, der für 2020 eine vorläufige Eintragung ins Hengstbuch I vorsah, auch ohne das Erbringen der eigentlich notwendigen HLP-Nachweise. Da dies jedoch keinen generellen Erlass der Hengstleistungsprüfung bedeutete wurden im September Nachholtermine für die ausgefallenen Hengstleistungsprüfungen angeboten, die sich guter Nachfrage erfreuten. Viele Hengsthalter gingen am Ende des Jahres darüber hinaus scheinbar auf Nummer sicher, indem sie die 50-tägigen HLP zur endgültigen Eintragungen ihrer Hengste nutzten“, sagte Dr. Miesner.
Die Entwicklung der Kaltblutzucht folgt der Tendenz bei den Reitpferden. Auch hier steht ein Mehr an neu eingetragenen Zuchtstuten (2019: 379 Stutbuchaufnahmen; 2020: 446 Stutbuchaufnahmen) ein Weniger an registrierten Stuten insgesamt gegenüber. Diese sank von 4.343 auf 4.224 Stutbuchaufnahmen. Und auch in diesem Bereich ist die Zahl der Bedeckungen (von 1.791 auf 1.640 Bedeckungen) sowie der registrierten Fohlen (von 1.302 auf 1.210 registrierte Fohlen) leicht rückläufig,
Erfreuliche Entwicklungen gibt es in der Pony- und Kleinpferdezucht: Wenngleich die Zahl der eingetragenen Stuten nochmals zurückgegangen ist (von 19.477 auf 19.262 eingetragene Zuchtstuten), stieg die Zahl der Bedeckungen um 8,2 Prozent von 9.083 auf 9.832 Bedeckungen und damit fast auf das Niveau von 2018. Und auch die Zahl der registrierten Fohlen war höher als im Jahr zuvor: 8.598 im Vergleich zu 8.399 registrierte Fohlen in 2019. Insbesondere die Rassen Deutsches Classic Pony (167 Fohlen, entspricht einem Plus von 33 Fohlen), Deutsches Reitpony (2557, +126 Fohlen), Fjordpferde (285, + 33 Fohlen) und Haflinger (683, + 62 Fohlen) konnten mehr Fohlen verzeichnen. „Dass trotz rückläufiger Bedeckungen im vergangenen Jahr nun mehr Fohlen als im Jahr 2019 eingetragen wurden, ist im ersten Moment etwas fraglich, aber dahinter können verschiedene Gründe stehen: es könnte auf eine verbesserte Abfohlleistung der Stuten deuten oder aber die Anzahl der Bedeckungen wurden im Jahr 2019 nicht alle rechtzeitig an den Zuchtverband gemeldet,“ vermutet Dr. Dohms-Warnecke.
Betrachtet man die Gesamtzahlen über alle Rassen hinweg, stellt man fest, dass die deutsche Pferdezucht 2020 sogar ein leichtes Plus verzeichnet. So stieg die Stutenzahl von 80.873 auf 83.927 eingetragene Stuten, die der registrierten Fohlen von 36.936 auf 38.224 und die der Hengste von 7.244 auf 8.129. Lediglich die Zahl der Bedeckungen ging nochmals von 43.287 auf 42.854 zurück. Der Anstieg an eingetragen Zuchtstuten ist vor allem einem Mehr an American Quarter Horses zu verdanken, deren Stutenzahl sich im Vergleich zu den Vorjahren mehr als verfünffacht hat. „Durch das neue Datensystem der DQHA konnten die internen Auswertungen optimiert werden und somit konnten nun alle eingetragenen Stuten und Hengste angegeben werden“, erklärt Norbert Drechsler, Zuchtobmann der DQHA, wie es zu dem Anstieg gekommen ist. Durch diese Berichtigung stieg auch die Zahl der eingetragenen Hengste über alle Rassen von 7.244 auf 8.129.
Alle Zahlen aus dem Bereich Zucht der FN können kostenlos im FN-Shop heruntergeladen werden. Der komplette FN-Jahresbericht 2019 erscheint voraussichtlich Ende April. Hb/fn-press