Linn Hamann: „Wenn deine Pferde glücklich und zufrieden sind, werden sie dich auch glücklich machen!“
Linn Hamann, hier mit Ciselle bei den Nordic Jumping Events, ist für Hagen nominiert. Foto: spring-reiter.de

Linn Hamann: „Wenn deine Pferde glücklich und zufrieden sind, werden sie dich auch glücklich machen!“

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Linn Hamann strahlt. Nicht weil sie Geburtstag hat, das würde die bescheidene und eher zurückhaltende 23jährige Springreiterin nicht verraten. Sie freut sich über die schöne Runde mit ihrer Nachwuchshoffnung, dem gewaltig springenden sechsjährigen Holsteiner Hengst Conscha (v. Cascadello II), in der Springpferde L-Prüfung beim Nordic Jumping in Negernbötel.  Der Ritt wurde  mit einer Wertnote von 8,4 belohnt.

Linn Hamann gehört nicht nur in Schleswig-Holstein zu einer der talentiertesten Nachwuchsreiterinnen des Landes. Als Juniorin und Junge Reiterin war sie bei den Deutschen Meisterschaften mehrfach vorne platziert. Mit ihrer Top-Stute Crystal Clear (v. Clearway) konnte sie schon Erfolge bis CSI3* feiern. Im letzten Jahr sicherte sie sich im CSIU25 in Stockholm bei der Lövsta Future Challenge im Rahmen der Longines Global Champions Tour Platz drei, beim U25 Springpokal in Balve wurde sie ebenfalls Dritte.

„Crystal ist im Moment noch mein bestes Pferd, auch wenn sie in diesem Jahr 16 Jahre alt wird. Noch wird sie immer fitter und fitter. Daher werde ich sie auch noch eine Weile mit auf die Turniere mitnehmen. Irgendwann hätte ich auch gerne noch ein Fohlen von ihr. Dann habe ich noch einen zehnjährigen, Catelly. Er ist im letzten Jahr die ersten 3-Sterne-Prüfungen gegangen. Und ich habe ich noch zwei Siebenjährige und drei Sechsjährige. Conscha gehört sicherlich zu den Zukunftshoffnungen. Wir sind natürlich ein Verkaufsstall und ich weiß nicht, wie lange er bleibt. Aber ich hoffe natürlich, dass er uns nicht so schnell verlässt.“  Familie Hamann betreibt in Ammersbek östlich von Hamburg einen Zucht-, Ausbildungs- und Handelsstall. Und gute Pferde wecken Begehrlichkeiten. Aber ab und an kann Linn Hamann auch „mit ihren Eltern handeln“.  „Wir versuchen immer die Pferde möglichst lange zu halten. Wie zum Beispiel Catelly, den haben wir auch selber gezogen. Aber irgendwann wird sicher auch er mal verkauft.“

Stolz ist sie auch, wenn sie gute Pferde selber mit ausgebildet hat. Und sie anschließend im Großen Sport gehen. Wie die beiden Casall-Söhne Casallvano und der gekörte Hengst Cas Hope. Casallvano war nach Stationen bei Holger Wulschner und Marco Kutscher zuletzt sehr erfolgreich mit Daniel Deusser im Sattel auf 5*-Niveau unterwegs. Kürzlich wurde der 13jährige Wallach an eine 18-jährige US-Amerikanerin verkauft und ist derzeit als Lehrmeister in Wellington im Einsatz. Cas Hope wechselte siebenjährig von Linn Hamann zu den Stephex Stables und von dort zum international erfolgreichen Kolumbianer Carlos Enrique Lopez Lizarazo.

Dabei war es gar nicht immer klar, dass Linn Hamann die Pferdeausbildung zu ihrem Vollzeit-Beruf machen würde. „Ich habe im letzten Jahr mein Bachelor gemacht. In Pädagogik und Management. Ich könnte jetzt z.B. eine Kita leiten, ein Hort oder eine Grundschule“, verrät Linn Hamann. Gerne arbeitet sie mit Kindern zusammen. Aber im Moment noch lieber mit Pferden.

„Es hat sich jetzt erst mal angeboten, dass ich zu Hause Vollzeit reite, ich bin zu Hause angestellt. Es Ist ja auch nicht so einfach, einen passenden Bereiter zu finden. Da es mit mir und meinen Eltern gut klappt, haben wir gesagt, wir versuchen das mal. Früher war ich nicht die, die sich auf die jungen Pferde gesetzt hat. Aber mittlerweile habe ich auch das gelernt. Und es macht mir wirklich alles großen Spaß“, schwärmt die Springreiterin. Ob sich das in der Zukunft noch mal ändert, kann sie heute noch nicht sagen. Täglich reitet sie sechs bis sieben Pferde am Tag. „Ich habe keinen Pfleger, mache mir die Pferde selber fertig“, erzählt sie. In der Zukunft würde sie gerne weiter erfolgreich auf Zwei- und Drei-Sterne-Niveau reiten. Und mit jüngeren Pferden beim Landeschampionat und beim Bundeschampionat „positiv auffallen“. Eine Teilnahme am U25 Springpokal in Aachen „wäre cool“.   

Das derzeit bei manchen Menschen schlechte Image im Reitsport findet sie ein „schwieriges Thema“.

„Ich trainiere eine Pony-Reiterin und die fragt mich natürlich auch, was das alles zu bedeuten hat. Ich finde es schwer, etwas dazu zu sagen, weil man schnell etwas Falsches sagen kann. Das ist super schlecht für unseren Sport“, findet die junge Reiterin. Sie glaubt nicht, dass ein „Touchier-Verbot“ die Situation ändern würde. Wer sollte dies kontrollieren, fragt sie.

„Ich fände es wichtig, junge Menschen davon zu überzeugen, dass es auch anders geht. Wenn die Pferde glücklich und zufrieden sind, werden sie dich auch glücklich machen“, erklärt Linn Hamann ihre Philosophie. Für sie ist Abwechslung in der täglichen Arbeit mit den Pferden der Schlüssel.  „Ich sehe zu, dass ich nicht nur Turnier reite, die Pferde oft auf die Koppel kommen, ich auch mal ausreite. Man muss sich ganz individuell auf die Pferde einstellen, darf sie nicht als Sportgerät sehen, muss sich einfühlen. Und man muss auch mal ein Springen auslassen, wenn, man merkt, es könnte vielleicht etwas viel werden. Das müssen wir auch über die Sozialen Medien kommunizieren, dass es eben nicht nur um Training, Training, Training geht, sondern dass es auch Tage gibt, wo die Pferde Pause haben. Das ist auch in den großen Ställen so. Auch wenn man das vielleicht nicht so oft sieht, wie die vielen Turnier-Runden“, fasst es Linn Hamann zusammen.

Ihre schöne Runde mit Conscha in Negernbötel zeigte übrigens, dass glückliche Pferde auch erfolgreich sind: Gemeinsam wurden sie Dritte.

Text und Interview: Corinna Philipps