Mit einer tollen Nullrunde, die nicht ein einziges Mal unterwegs Zweifel daran aufkommen ließ, dass die Null stand, hatte Maurice Tebbel mit Don Diarado für das deutsche Team als zweiter Reiter nach dem polnischen Startreiter Jaroslaw Skrzyczynski auf Chacco Amicor (v. Chacco-Blue) das Springen eröffnet – und im zweiten Umlauf gleich noch einmal alle Erwartungen erfüllt. Marcus Ehning ließ in Runde 1 zwei Stangen rollen, in Runde 2 schien auch für ihn die Null zu stehen, bis die Planke am letzten Hindernis doch noch fiel. Christian Kuk steuerte seinen Mumbai genauso souverän wie Maurice Tebbel seinen Don Diarado zweimal fehlerfrei durch den herausfordernden 1,60 m-Parcours. Den Abschluss bildete jeweils André Thieme mit DSP Chakaria und zeigte mit starken Nerven zwei fehlerfreie Runden. Aber wieso sollte er auch Sorgen haben, denn seine Partnerin ist von Haus aus genauso nervenstark: Ihre Züchter lassen auch schon mal ein Pferd über einen Trabbi springen.
Bei Halbzeit, als alle zehn Teams mit ihren vier Reitern einmal den Parcours absolviert hatten, lagen noch vier Teams fehlerfrei (nach Abzug der Streichergebnisse) punktgleich auf Platz eins: Deutschland und Belgien, Irland und Norwegen. Ihnen im Nacken mit 4 Strafpunkten wartete Großbritannien auf seine Chance in der zweiten Runde.
Doch nachdem mit Italien um 13.11 Uhr der zweite Umlauf angeläutet worden war, verschob sich das Bild allmählich. Als die letzten zwei Reiter jedes Teams angaloppierten, hatten nur noch Deutschland und die ungemein starken Belgier die Chance auf ein fehlerfreies Ende – und Großbritannien wartete immer noch mit vier Fehlerpunkten auf Platz drei.
Nach Marcus Ehnings Missgeschick, hätte Pieter Devor für Belgien auf Claire Z (v. Clearway) nur noch seine zweite Nullrunde abliefern müssen, dann hätte der vierte Belgier, Niels Bruynseels mit Delux van T&L (v. Toulon), gar nicht mehr einreiten müssen und sich stattdessen schon mal aufs mögliche Stechen mit den Deutschen vorbereiten können. Doch dann fiel auch bei Pieter Devos eine Stange und alles war wieder offen für ein wahres Herzschlagfinale.
Großbritanniens Schlussreiter William Funnell stürzte von Equine America Billy Diamo (v. Cevin Z) und plötzlich standen 16 statt 4 Punkte auf dem Konto seines Teams. Aus dem scheinbar sicheren (mindestens) dritten war plötzlich ein fünfter Platz geworden. Irland und Norwegen schoben sich davor.
André Thiemes eindrucksvolle Nullrunde als deutscher Schlussreiter brachte nun die Belgier in Zugzwang. Als letzter Starter überhaupt ging Niels Bruynseels für sie an den Start. Er musste, und da war wieder das „nur“, diesen Ritt ohne Fehler abliefern, dann hätte es ein Stechen um den Sieg gegeben mit allen Möglichkeiten. Und dass er ebenfalls mit besten Nerven gesegnet ist, hatte er schon bei seiner blitzsauberen ersten Runde gezeigt, als ihn und sein Pferd nicht einmal eine Unterbau-Planke aus dem Rhythmus brachte, die unmittelbar vor dem Absprung vom Wind vor ihre Füße geweht worden war. Doch es kam anders, acht Fehlerpunkte brachte er am Ende mit ins Ziel.
Maurice Tebbel erzählte anschließend, dass die Deutschen schon mit dem Aufwärmen fürs Stechen begonnen hatten. Aber nun sei er nur „happy“. Am Abend werde es noch mit den Lkw wieder nach Hause gehen, aber „morgen gibt es vielleicht ein kleines Bier“. Kann ruhig ein großes werden nach diesem Erfolgsausflug nach Sopot!
Bundestrainer Otto Becker war begeistert. „Wir sind natürlich super, super happy. In Rom und St. Gallen waren wir nach Stechen jeweils Zweite im Nationenpreis, und nun hat’s mit dem Sieg geklappt. Der Parcours war schwer, aber fair. Über die drei Nullrunden habe ich mich sehr gefreut, das waren herausragende Leistungen.“ Ein Extra Lob hatte er für André Thieme: „André war schon am Freitag Vierter im Großen Preis, und jetzt Doppelnull, das ist schon klasse.“ In zwei Wochen steht der nächste Nationenpreis auf dem Programm. Dann treffen sich die Springreiter beim CSIO5* in Rotterdam. Das Finale der Nationenpreis-Serie des Weltreiterverbandes FEI wird wieder Anfang Oktober in Barcelona ausgetragen.
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