Der japanische Stachel steckt noch im Fleisch und schmerzt. Die Europameisterschaft jetzt in Riesenbeck soll auf jeden Fall anders laufen fürs deutsche Spring-Team als die Olympischen Spiele in Tokio. Zwei der vier Olympiareiter sind wieder mit ihren Pferden auf jeden Fall dabei: André Thieme auf seiner DSP Chakaria und Christian Kukuk auf Mumbai. Und noch hat auch Maurice Tebbel die Hoffnung nicht aufgegeben, mit Don Diarado ebenfalls wieder für Deutschland an den Start gehen zu können: „Wir müssen abwarten, was morgen ist. Wenn wir morgen das Gefühl haben, dass alles wieder 100 Prozent in Ordnung ist, dann gehen wir zum Vetcheck“.
Auf jeden Fall im Quartett für den abwesenden Daniel Deusser ist David Will mit C-Vier, das Ersatzreiter-Paar für Tokio. „Es ist natürlich etwas ganz Besonderes das erste Mal ein Championat zu reiten. C Vier und ich haben uns in dem Jahr, das wir zusammen sind, ja schon ziemlich angefreundet miteinander. Das ging alles ziemlich schnell. Zielsetzung ist natürlich, so gut wie möglich zu sein. Und nicht nur nach dem Mottoreiten, dabei sein ist alles. Da nehmen wir uns schon mehr vor.“
André Thieme, dessen junge DSP Chakaria sich in Tokio von der Atmosphäre so beeindrucken ließ, dass die Lockerheit abhanden kam, hat seine Konsequenzen gezogen: „Ich will das eine oder andere besser machen. Mehr Druck als in Tokio kann nicht sein. Wir versuchen, die Lockerheit beizubehalten, und ansonsten gucke ich einfach, wie das Pferd so drauf ist. Sie ist kein Turnier seitdem gegangen. Wir sind ein- bis zweimal gesprungen und das fühlte sich sehr gut an. Chakaria hat das alles super überstanden. Vor Tokio habe ich das alles mit weniger Druck empfunden. Das hat sich dann natürlich extrem gesteigert. Mit dieser Vorerfahrung gehe ich auch mit mehr Druck in dieses Championat, aber das geht ja wahrscheinlich jedem so. Damit muss man eben umgehen können.“
Was für ein Luxus, dass Team Deutschland auf einen Ersatzreiter Marcus Ehning bauen kann: Natürlich würde er gerne im Team starten, aber erst einmal drückt er Maurice die Daumen:: „Ich gucke beim Warm-up, wie sich mein Pferd anfühlt. Ich werde mich erst einmal auf mich konzentrieren. Der Plan ist nach wie vor der gleiche, aber es ist für mich natürlich eine blöde Situation. Auf der einen Seite möchte man schon reiten, klar, aber wenn es dann so geschieht ist es natürlich nicht so toll.“
Beim Gespräch mit dem ganzen Team gab Bundestrainer Otto Becker die Zielrichtung vor: „Tokio lief natürlich nicht optimal für uns, im Einzel haben die Neulinge Lehrgeld bezahlt. Aber natürlich ist auch ein Fehler schnell passiert. Wir waren ja auch nicht schlecht, aber es war eben auch nicht gut genug, um uns fürs Einzel-Finale zu qualifizieren. Nach der Team-Qualifikation und drei fehlerfreien Runden haben wir uns natürlich mehr ausgerechnet. Hier haben wir die Chance bei einem neuen Championat. Es geht alles wieder bei Null los. Heimvorteil sehe ich nicht, wenn man jeden Zweiten kennt, lenkt das natürlich auch ab und macht es nicht unbedingt einfacher, sich auf die Prüfung zu fokussieren. Aber ich denke, die sind auch alle erfahren genug. Der Vorteil im Gegensatz zu Tokio ist natürlich auch, dass wir, wenn hier mal eine Runde schief geht, ein Streichergebnis haben. Und wir haben auch einen Tag danach. Das hilft natürlich auch. Wenn in Tokio ein Fehler passiert ist, waren wir gar nicht qualifiziert. Hier geht es weiter mit dem bewährten System.“
Und für einen das alles zu Hause: Christian Kukuk kennt ja in Riesenbeck quasi jeden Grashalm mit Vornamen. : „Heimvorteil ist es natürlich, weil die ganzen Leute, die zum Team gehören, die Familie, die können halt alle da sein. Das zähle ich als Heimvorteil.“