Es muss schon was heißen, wenn sich Reiter, die nicht gerade dafür bekannt sind, in euphorische Jubelstürme auszubrechen, eine junge Kollegin in den höchsten Tönen loben. „Sie hat unheimliches Talent, reitet in ihrer Altersklasse auf einem anderen Level“, das sagt Marcus Ehning – selbst weltweit als Stilist erster Güte bekannt – über Sophie Hinners. Und Kollege Tim Rieskamp-Goedeking, ebenfalls eher ein zurückhaltender Zeitgenosse, meint: „Sie hat neben dem Talent schon einen enormen Überblick im Parcours, sitzt ruhig, ist fleißig, geerdet und eine sehr nette junge Frau. Es passt alles!“
Die so gelobte Springreiterin, die mit ihren knapp 24 Jahren bereits die Verantwortung für 33 Turnierpferde im hessischen Pfungstadt hat, guckt mit großen Augen und strahlt dabei. Natürlich freut sie sich über das Lob der Weltklassereiter. Beim CHIO in Aachen wurde auch dem großen TV-Publikum klar, warum die deutsche Reiterei mit den U25-Reitern im allgemeinen und mit Sophie Hinners im besonderen einen Trumpf für die Zukunft im Ärmel hat. Sie selbst kommt ins Schwärmen, wenn sie an die Tage in der Aachener Soers zurückdenkt: „Das war ein unglaubliches Erlebnis.“ Angst vor diesem ersten Einsatz bei einem 5*-Springen hatte sie nicht. „Respekt schon. Aber mein Pferd Vitorio hat sich unglaublich wohlgefühlt auf dem Platz. Das hat mir sehr geholfen.“
Da passt es gut, dass Richard Vogel, der den U25-Springpokal in Aachen zum dritten Mal in Folge gewinnen konnte, seit vier Jahren der Lebensgefährte und auch Chef von Sophie ist. Sie wurde zweite in dieser wichtigen Prüfung und meinte nur: „Egal, wer von uns beiden gewinnt. Jeder freut sich für den anderen!“ Beim CSI2* Indoors in Riesenbeck ist ein schneidiges Damen-Trio aus Pfungstadt am Start.
Mit zwei LKWs und einem Anhänger sind die jungen Reiterinnen Sophie Hinners, Mylen Kruse und Vanessa Rabenheimer angereist. Bei den bisherigen Springen wäre das Trio – gäbe es eine Stallwertung – ganz weit vorne: Fünfte und Zehnte in der Mittleren Tour; Dritte, Siebte und Zwölfte bei den Youngsters, Fünfte und Sechste in der Großen Tour. Keine schlechte Ausbeute für den ersten Tag.Wenn Sophie ihre Ergebnisse an die beiden Chefs Richard Vogel und David Will durchgibt, dann werden die beiden sich nicht beklagen können. „David weiß eigentlich immer Bescheid, wie wir reiten. Richie lässt sich von mir informieren“, sagt sie lachend.
Das Firmenkonstrukt ist besonders, da Vogel und Will, die mit ihren Pferden in Dagobertshausen einen Stalltrakt haben, aus Gründen des Platzmangels 33 Pferde in Pfungstadt untergebracht haben. Dort führt Sophie Hinners den Stall. Bescheiden sagt sie: „Ich weiß nicht, ob es mir immer gelingt. Ich bin nicht die Person, die gerne Anweisungen gibt.“ Offensichtlich klappt es gut. Ursprünglich wollte sie nach dem Abitur in ihrem norddeutschen Heimatort Sittensen die Zeit bis zum Studium überbrücken und hat mit der Ausbildung zur Pferdewirtin begonnen und beendet.
Sie blieb hängen, arbeitete 2019 bei Emile Hendrix in den Niederlanden, dort durfte sie internationale Turniere besuchen. Dann wurde sie in die „Rolex Young Riders Academy“ aufgenommen – und machte ihren Weg, der sie nach Pfungstadt führte. Neun bis zehn Pferde hat Sophie Hinners unter dem Sattel. Natürlich gibt es Pläne für die Zukunft und sie strahlt wieder bei dem Gedanken daran: „Es ist das Ziel eines jeden Reiters, einmal bei den Olympischen Spielen starten zu dürfen. In Paris wird das noch nicht klappen,“ sagt sie realistisch. Aber sie hat mittelfristig vor, Nationenpreise zu reiten. In diesem Jahr war sie bereits mit einigen U25 Reitern in Budapest und Warschau. „Das war klasse dort, wir haben uns richtig gut verstanden!“, sagt Sophie Hinners.
Wie es scheint, ist es fast unmöglich, sich mit einer wie ihr nicht gut zu verstehen.