Sie sind die Nummer drei und fünf der aktuellen FEI Weltrangliste: Martin Fuchs und Daniel Deusser greifen am Sonntag beim Rolex Grand Prix in s’Hertogenbosch nach der begehrten Trophae. spring-reiter.de hat den Sieger vom CHI Genf und den CHIO Aachen Gewinner beim Round-Tabel von Rolex zum Interview getroffen und mit ihnen über den Schlüssel zum Erfolg, ihre wichtigste Lehrstunde, die Suche nach dem nächsten Superstar und ihre Zukunft in 20 Jahren gesprochen.
Daniel Deusser und Martin Fuchs sind gut drauf. Die Dutch Masters zählen zu den Highlights ihn ihrem Turnier Kalender und beide können sich bei einem nicht unwarscheinlichen Sieg im GP am Sonntag über einen ordentlichen Bonus freuen. Und Martin hat gleich noch gute Nachrichten von seinem EM- und Olympia-Partner Clooney, der sich vor einigen Monaten auf der Koppel schwer verletzt hatte. „Ich bin Clooney gestern geritten und es geht ihm immer besser.“ Das ist ein kleines Wunder, da anfänglich nicht einmal klar war, ob der Ausnahme-Schimmel den Sturz überleben würde. „Ich reite ihn natürlich nur langsam. Aber er soll sich auch bewegen und es geht ihm gut. Das ist das Wichtigste“, freut sich Martin Fuchs.
Daniel, Du bist seit kurzem Rolex Testimonial und Mitglied der Rolex Familie. Was hast Du gedacht, als Rolex Dich fragte, ob Du im Team dabei bist?
Daniel: „Ganz ehrlich, ich fühlte mich geehrt, Teil der Rolex Familie zu sein. Die besten Athleten in unserem Sport sind dabei und Rolex hat unseren Sport mit der Unterstützung der besten Turniere in den letzten Jahren auf ein ganz neues Niveau gehoben. Das bewundere ich.“
Und wie geht es dir Martin als Live Contender des Rolex Grand Prix?
Martin: „Bei einem der vier Majors zu sein, ist immer ein besonderes Gefühl. Als Live Contender ist das natürlich noch einmal etwas anderes. Das ist der erste große Test dieses Jahr, mein Sieg in Genf ist schon einige Monate her. Und ich freue mich auf die Herausforderung beim Rolex Grand Prix am Sonntag.“
Wen reitest Du im Rolex Grand Prix?
„Ich reite Conner Jei. Er war mit mir in Doha für die letzten zwei Wochen und hat sich dort super gezeigt. Ich denke er ist in guter Form. Wir haben zwar zusammen noch nicht so viele Springen auf diesem Niveau zusammen bestritten und er ist auch nicht das einfachste und rittigste Pferd. Wenn es also im Grand Prix sehr, sehr technisch wird, dann müssen wir uns gut konzentrieren. Aber er hat sehr viel Qualität und ist etwas ganz Besonderes.“
Wie geht ihr mit dem Druck bei so wichtigen Shows um?
Martin: „Der Druck ist immer da. Auch wenn man nicht der Live Contender ist. Du willst immer Dein Bestes geben, bereitest Dich Monate vorher auf solche Events vor. Wenn man dann im Stechen ist, gibt es Dir natürlich noch mal extra Motivation.“
Daniel, Du hast den Rolex Grand Prix in Aachen gewonnen, wenn Du hier auch gewinnst, erwartet dich ein schöner Bonus. Denkst Du über so etwas im Hinblick auf den Grand Prix nach?
Daniel: „Klar gibt es bei einem Sieg einen schönen Bonus. Aber abgesehen davon freue ich mich einfach auf den Rolex Grand Prix. Ich werde Tobago reiten, er ist sehr praktisch, rittig und eignet sich besonders gut für die Hallen-Shows. Er hat in den letzten Wochen gezeigt, dass er sehr gut in Form ist und auch Freitag als Zweiter im Hauptspringen und daher bin ich sehr zuversichtlich für den Rolex Grand Prix am Sonntag. Wenn ich nicht größere Fehler mache, wird das Pferd sein Bestes geben und wir haben auf jeden Fall eine gute Chance.“
Daniel, Du schreibst unter jeden Social-Media Post, das Beste kommt erst noch. Du hast Aachen gewonnen, warst lange die Nummer eins der Weltrangliste, hast eine hübsche Tochter? Was kann da noch Besseres kommen?
Daniel lacht: „Das erfährst Du in zwei Wochen. Nein, ganz ehrlich. Je älter Du wirst in unserem Sport, je mehr Erfahrung Du sammelst, desto besser wirst Du einfach. Ich weiß nicht, was da noch alles kommt, ich hoffe einfach, noch viel mehr. Ich hoffe, wir bleiben gesund und so erfolgreich wie in den letzten Jahren. Ich glaube einfach daran, dass wir immer uns noch weiter entwickeln, noch weiter etwas über und in unserem Sport dazu lernen können. Und ich von meinen Fehlern in der Vergangenheit lerne und stetig immer besser werde.“
Wie wichtig ist für dich die Unterstützung Deines Teams?
Daniel: „Der ganze Sport erfordert schon sehr viel Engagement. Du musst jeden Tag mit deinem Pferd arbeiten über Wochen und Monate oder sogar ein Leben. Und dieses große Engagement brauchst Du natürlich auch von deinem ganzen Team. Es ist schon schwierig einen wirklich guten Pfleger zu finden, der die Pferde in und auswendig kennt, mit ihnen reist, der sein Leben den Pferden verschreibt. Das gleich gilt für die Leute, die zu Hause für dich die Pferde fit halten und trainieren oder die Büroarbeit erledigen, während Du durch die ganze Welt reist und den Top-Sport auf der ganzen Welt ausübst. Ein wirklich engagiertes Team ist also enorm wichtig.“
Das findet auch Martin Fuchs: „Du brauchst die richtigen Leute um dich herum. Zum Glück sind meine Eltern auch so in den Sport involviert, helfen mir und sorgen dafür, dass zu Hause alles läuft, ,wenn ich nicht da bin, die Pferde ordentlich geritten und gearbeitet werden. Ich kann mich also total auf das jeweilige Turnier fokussieren, ohne mir Sorgen um das Wohl meiner Pferde machen zu müssen. Das hilft schon sehr. Zudem habe ich Sean Vard meinen Pfleger, der schon Jahre bei mir ist und der total selbstständig arbeitet, die Reisen für die Pferde plant. Ich weiß, dass meine Pferde die beste Pflege und Fürsorge geniesen. So kann ich mich am Ende total auf das jeweilige Turnier konzentrieren.“
Beschreibt mal Eure Pferde, die ihr beim Rolex Grand Prix am Sonntag einsetzt?
Martin: „Ich reite Conner Jei, er ist elf Jahre alt. Ich reite ihn jetzt etwas über ein Jahr. Er hat ganz viel Qualität, ist sehr vorsichtig am Sprung, hat viel Vermögen. Die Rittigkeit ist noch ausbaufähig. Aber das macht er mit seiner enormen Qualität wett. Er ist zudem sehr groß, sensibel hat viel Blut. Als er in unserem Stall kam, war er etwas schüchtern. Aber jetzt hat er sich aklimatisiert, ist viel ausgeglichener und er wird immer besser, hat immer mehr Vertrauen und Selbstbewußtsein.“
Daniel: „Tobago ist tatsächlich eher das Gegenteil. Bei Abreiten sieht das vielleicht alles noch nicht so spektakulär aus, aber Tobago ist ein ganz schlaues Pferd. Er weiß genau, er muss im Parcours die Leistung bringen und nicht beim Abreiten. Er spart sich seine Energie für den richtigen Moment auf. Er weiß im Parcours genau, wo die Stangen liegen, ist super vorsichtig. Vom Körperbau her ist er sehr leichtrittig, er ist nicht sehr groß aber er hat ein ganz großes Herz und dadurch auch viel Vermögen. Er hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er in den verschiedensten Parcours konstant Leistung abliefert. Er ist ein ganz cleverer Sportpartner und wir haben definitiv eine gute Chance im Rolex Grand Prix.“
Wie findet ihr euren nächsten Superstar? Wonach sucht ihr bei jungen Pferden, was müssen die Pferde mitbringen?
Daniel grinst und sagt: „Wie viel Zeit hast Du? Natürlich gucken wir immer nach talentierten jungen Nachwuchspferden. Früher oder später brauchen die Älteren eine Pause und du brauchst Pferde, die in diese Fußstapfen hinein wachsen. Wir suchen natürlich nach schlauen Pferden und nach vermögenden Pferden. Aber am Ende des Tages reicht Vermögen nicht immer aus. Was wir wirklich brauchen ist eine gute Mentalität, eine gute Einstellung. Und das kann man bei einem vier oder fünfjährigen Pferd noch nicht wirklich sehen. Bis zu einem bestimmten Level springen viele Pferde gut, aber sie müssen später in den höheren Klassen auch noch mutig sein, müssen im Stechen gewinnen wollen. Das kann man ihnen auch schwer beibringen. Klar bekommen die Pferde durch viele Shows mehr Erfahrung und Selbstbewußtsein, kann man durch gezieltes Taining die Technik und den Sprungauflauf verbessern. Aber die Einstellung des Pferdes im Parcours zeigt sich erst später, ob es wirklich gewinnen will. Das kann man bei vier- bis fünfjährigen Pferden nach meiner Meinung noch nicht sicher sagen. Der Weg eines Pferdes bis zum Niveau eines Rolex Gand Prix ist tatsächlich sehr lang. Den nächsten Superstar zu finden ist sehr, sehr schwierig und am Ende gehört auch eine ordentliche Portion Glück dazu.“
Martin: „Ich habe zum Glück auch gute Sponsoren, die es mir ermöglichen gute junge Pferde zu kaufen. Aber es ist immer ein langer Prozess bis zu einem Grand Prix Pferd. Manchmal denkt man, jetzt hast Du ein richtig gutes Pferd gefunden und dann schafft es doch nicht den Weg zum 5*-Grand Prix. Richtig gute Pferde sind halt auch rar. Da braucht man auch mal Glück, Vertrauen und Mut im Hinblick auf die eigene vielleicht schnell getroffene Entscheidung.“
Was war die wichtigste Lehrstunde, die du im Hinblick auf den Reitsport bekommen hast?
Daniel: „Als ich für Franke Sloothaak gearbeitet habe, hat er mir immer wieder gesagt, Du musst Geduld haben. Damals als junger, hochmotivierter Reiter wollte ich so reiten wie John Whitaker oder Ludger Beerbaum. Dann war ich natürlich manchmal etwas frustriert, weil es nicht alles gleich so klappte, wie Franke es mir vormachte. Wenn Franke dann sagte, habe einfach Geduld, konnte ich damlas nicht so viel damit anfangen. Aber heute, beinahe 20 Jahre später, habe ich verstanden, dass Geduld der Schlüssel ist. Wenn du dir und dem Pferd Zeit gibst, sich zu entwickeln, dann wirst du irgendwann auch das Ziel erreichen, dass du dir gesetzt hast. Das war wirklich der richtige Tipp, Geduld zu haben, das mache ich mir auch immer wieder bewußt. Auch wenn ich damals nicht wirklich darauf gehört habe.“
Martin: „Meine wichtigste Lehrstunde war sicher die Verweigerung von Clooney am letzten Hindernis im zweiten Umlauf in Aachen 2016. Damals war ich so dicht dran, den Rolex Grand Prix zu gewinnen. Das war hart. Seitdem setzte ich mir noch mehr mit der Sichtweise der Pferde auseinander, versuche, mich in sie hinein zu versetzen. Damit sie mir noch mehr Vertrauen schenken und mir im günstigsten Fall auch blind vertrauen.“
Wo seht ihr euch in 20 Jahren? Sitzt ihr dann noch im Sattel wie John Whitaker?
Martin: „Schwere Frage. Ich habe auch schon darüber nachgedacht, aber im Moment genieße ich einfach die Zeit und denke von Show zu Show und nicht zu viel über die Zukunft nach. Ich glaube zwar nicht, dass ich mit 50 Jahren noch auf diesem Niveau reiten werde. Aber wer weiß das schon.“
Daniel: „Schwere Frage. Ich habe noch nicht wirklich Pläne für die nächsten 20 Jahre gemacht. Ich hoffe, dass ich den Sport noch einige Jahre so ausführen kann, solange ich so sportlich und gesund bleibe. Danach denke ich, möchte ich dem Sport etwas zurück geben. Die guten Dinge, die Erfolge und die Erfahrungen die ich gesammelt habe würde ich gerne mit der jüngeren Generation teilen. Wie das genau aussehen könnte, weiß ich heute noch nicht. Aber das wäre so das Ziel für die Zukunft.“
Zum Abschluss noch ein Tipp von euch an die Nachwuchsreiter – was würdet ihr ihnen empfehlen?
Daniel: „Sicher ist es super wichtig, Geduld zu haben. Aber ich müsste noch überlegen, wie ich das transportiere, damit die Nachwuchsreiter mir auch glauben, denn ich hatte es in dem Alter nicht so mit der Geduld und auch nicht so daran geglaubt. Aber das ist einfach Tatsache: Du kannst in unserem Sport nichts erzwingen. Du musst das Pferd verstehen und das braucht Zeit. Und wir müssen unsere Denkweise vielleicht auch etwas verändern, wenn wir auf dem Rücken der Pferde Platz nehmen. Geduld ist sicher das oberste Gebot.“
Wer sind eure größten Rivalen am Sonntag im Rolex Grand Prix?
Martin: „Wir haben 40 Reiter im Rolex Grand Prix und jeder von ihnen kann so ein Springen gewinnen. Daher wird es sicher auch sehr, sehr spannend und die Zuschauer können sich auf Top-Sport freuen. Wetten würde ich aber auf niemanden abschließen.“
Daniel: „Es kommt im Stechen um den Großen Preis am Ende auf so viele Dinge an. So viel muss zusammen passen. Ich hoffe natürlich, wir sind im Stechen dabei. Aber heute jemanden als Sieger vorauszusagen ist tatsächlich fast unmöglich.“