Die Tränen der Freude, der abgefallenen Anspannung – sie ließen sich nur schwer trocknen: Cassandra Orschel kann es selbst noch nicht glauben. Der 29jährigen Hamburgerin und ihrer Holsteiner Stute Dacara E (v. Cancara) ist etwas schier Unglaubliches gelungen. Zusammen bezwangen die beiden den schwersten Parcours der Welt – das Hamburger Spring-Derby in Klein Flottbek. Mit diesem Überraschungssieg hat niemand gerechnet – am wenigsten Cassandra Orschel selbst. Das letzte Mal war das einer Frau 1975 geglückt, Caroline Bradley mit New Yorker.
„Wenn mir jemand vor einem halben Jahr gesagt hätte, du startest beim Hamburger Derby, dann hätte ich gefragt, was soll ich denn da?“, lachte die Siegerin nach ihrem Derby-Debüt und ihrem bisher größten Sieg. Außer dem Blauen Band für sie und dem Eichenkranz fürs Pferd gab es noch das größte Stück Kuchen aus dem Gesamtpreisgeld von 120.000 Euro.
28 Starter hattten sich für das Highlight der Derby-Woche, das 91. Spring-Derby am Sonntagnachmittag, qualifiziert. Eine Nullrunde durch den schweren Kurs bei beinahe Dauerregen mit dem Großen Wall, Pulvermanns Grab, den Wegesprüngen schaffte niemand. Vier Paare absolvierten das Springen mit nur einem Fehler. Cassandra Orschel war die Erste, es folgten Sandra Auffarth und Nupafeed’s La Vista (v. Lordanos), Frederic Tillmann mit dem erst achtjährigen Comanche v. (v. Cellestial) und der dreifache Derby-Sieger André Thieme mit Contadur (v. Conteros). Der hatte es im Parcours wieder einmal mit seinem Angstgegner, dem Busch-Oxer, zu tun bekommen. Contadur dachte, er müsse aufsetzten, und so flogen die Stangen.
Im Stechen legte Cassandra Orschel dann eine feine Nullrunde vor. Und auch das machte ihr niemand mehr nach. Frederic Tillmann und Comanche v. kamen mit vier Fehlern ins Ziel und freuten sich über einen unglaublichen zweiten Platz. André Thieme und Contadur meisterten im Stechen zwar den Busch-Oxer ohne Fehler, aber es flogen zwei andere Hindernisse auf den Rasen – am Ende wurde es für Thieme Platz drei.
„Ich habe mir einfach zu lange einen Kopf um den Busch-Oxer gemacht, habe zu viel darüber geredet. Ich bin den Oxer zwar genau nach Plan perfekt angeritten, aber trotzdem hat Contadur in der Luft wieder die Handbremse gezogen, wurde er unsicher. Ich werde den Busch-Oxer wohl noch mehr üben müssen.“
Die Siegerin kam aus dem Strahlen gar nicht mehr raus. Denn eigentlich wollte Cassandra Orschel im Derby ein anderes Pferd reiten, doch das wollte im Training so gar nicht über die Derby-Hindernisse – Dacara schon. „Und dann dachte ich, wenn ich schon die Chance bekomme, beim Derby zu starten, dann muss ich die Chance auch wahr nehmen.“ Dacara hat sie selber ausgebildet, 5jährig auf einer Auktion in Elmshorn gekauft. „Sie war ziemlich schwierig, aber ich habe mich gleich in die Fuchs-Stute verliebt.“ Speziell ist sie manchmal zu Hause immer noch, aber „auf dem Turnier gibt sie immer 100 Prozent.“ Dem ist wohl nichts hinzu zu fügen.
Gute Platzierungen gab es auch für Max-Hilmar Borchert und Cent-Blue (v. Dobel’s Cento) auf Platz fünf, Platz sechs ging an Kai Rüder und Cross Keys (v. Casall), Platz sieben belegte Stefan Jensen mit Cyrus L (v. Cartani), Benjamnin Wulschner und Bagkog Girl sprangen auf Platz acht, Jan Peters und Kokolores wurden Neunte vor dem Bruder des Zweiten und selbst Derbysieger 2017 Gilbert Tillmann und Hadjib (v. Chequille), Shane Breen und Can Ya Makan wurden Elfte vor Christian Hess und Chili Palmer (v. Chacco-Blue).
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