Eigentlich sollte es beim Holsteiner Verband nach manchen Turbulenzen in ruhigerem Fahrwasser in die Zukunft gehen. Eigentlich, aber ähnlich wie bei den Hannoveranern, bei denen plötzlich nach der Neuformierung der Spitze die Aufsichtsratsvorsitzende Ernestine Zwingmann wegen tiefgreifender Differenzen ausschied, steht auch bei den Holsteinern jetzt schon wieder ein überraschender Wechsel an: Hinrich Romeike, der als Holsteiner mit dem Holsteiner Schimmel Marius 2008 in Peking Doppel-Olympiasieger bei den Vielseitigkeitsreitern wurde, tritt nach schon einem Jahr nicht wieder an bei der turnusmäßigen Wahl des Vorsitzenden.
Es geschah vor drei Jahren, dass Ärger um Provisionsregelungen letztendlich die schon länger gärenden Auseinandersetzungen im Verband zur Entzündung brachten und den kompletten damaligen Vorstand hinweg fegte. Dem pensionierten Lehrer und langjährigen Vorsitzenden des großen Fehmarnschen Ringreitervereins, Hinrich Köhlbrandt, traute man die notwendigen auch pädagogischen Kompetenzen zu, die Aufräumarbeiten zu erledigen. Da er „nebenbei“ auch noch mit der Planung und Realisierung des großen Reitsportzentrums auf Fehmarn beschäftigt ist, machte er von vornherein klar, dass er nur für eine limitierte Zeit auf dem Schleudersitz des Verbands-Chefs Platz nehmen und mit einem Übergangs-Vorstand für die notwenigen Strukturveränderungen sorgen werde.
In der ihm eigenen Ruhe löste er Probleme, sorgte unter anderem dafür, dass der unübersichtliche Bestand an Verkaufspferden in Elmshorn Stück für Stück verkauft wurde und damit auch finanziell der Verband wieder besser aufgestellt war. Die Hengsthaltung allerdings, da ließ er keinen Zweifel, sollte auch in der Zukunft einer der Eckpunkte der Verbandstätigkeit bleiben.
Die Frage blieb, wie viele Hengste es sein sollen. Vor seiner Zeit wurden bis zu 50 Hengste jährlich für den Verband erworben, was die Chance vergrößerte, die richtigen Treffer zu erzielen. Inzwischen sind es 15 bis 20 – aber darunter war immerhin so einer wie Million Dollar, der sich anscheinend gerade unter seiner Reiterin Sophie Hinners zum Kracher entwickelt. Aber auch so einer wie Caracho, den die Züchter nicht so richtig frequentierten, der deshalb Anfang des Jahres an Kevin Murphy verkauft wurde – und nun gerade unter Richard Vogel bei der Global Tour in Cannes glänzt.
Jedenfalls übergab Hinrich Köhlbrandt einen deutlich konsolidierten Verband – und alles schien auf gutem Weg. Insbesondere ein Duo aus dem erfolgreichen Reiter (und hauptberuflichen Zahnarzt) Hinrich Romeike und dem erfolgreichen Züchter und Veranstalter Harm Sievers wollte die Sache in diese Richtung der Konsolidierung und Neuausrichtung des Verbandes vorantreiben. Aber schon nach kurzer Zeit, im Dezember 2021, warf Harm Sievers mit Aplomb das Handtuch: Die Zusammenarbeit im Vorstand entspreche nicht seinen Vorstellungen von Vertrauen und Respekt.
Als Nächster kündigte der Geschäftsführer Roland Metz, der im Frühjahr 2019 von den Süddeutschen Pferdezuchtverbänden abgeworben wurde und mit vielen frischen Ideen die Vermarktung erfolgreich angekurbelt hat, seinen Abgang zum Herbst 20223 an.
Hinrich Romeike machte trotzdem weiter, bis jetzt. Vor ein paar Wochen teilte er intern mit, dass er bei der Delegiertenversammlung am 13. Juni nicht wieder kandidieren werde.
Keiner will im Verband so richtig darüber sprechen, aber ganz offensichtlich gingen die Vorstellungen über den richtigen Weg in die Zukunft des ehrwürdigen Verbandes innerhalb des Vorstands so weit auseinander, dass jetzt die Karten wieder neu gemischt werden. Einziger Kandidat für den Vorsitz ist Ulrich Steuber, hauptberuflich Architekt, aber als Vorsitzender des Körbezirks Rendsburg-Eckernförde und Sprecher der Holsteiner Körbezirke erfahren in Verbandsdingen. Für die zwei zur Wahl anstehenden Beisitzer-Posten gibt es drei Kandidaten, während unter anderem der stellvertretende Vorsitzende Maximilian Slawinski für Kontinuität sorgen soll: Sein Amt steht turnusmäßig erst im kommenden Jahr zur Wahl.