Pferdesport und Pferdezucht trauern um Breido Graf zu Rantzau. Der Ehrenpräsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) starb am 6. November 2022 an den Folgen seiner Krebserkrankung. Er wurde 73 Jahre alt. „Die Nachricht von seinen Tod hat uns alle sehr erschüttert. Mit Breido Graf zu Rantzau verlieren wir eine herausragende Persönlichkeit, die in den letzten Jahrzehnten Pferdesport und Pferdezucht geprägt hat. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und Angehörigen“, sagte FN-Präsident Hans-Joachim Erbel.
Graf zu Rantzau war der dritte Präsident der FN seit deren Re-Organisation im Jahr 1968. Im Jahr 2001 wurde er zunächst zum Vizepräsidenten Sport gewählt und trat vier Jahre später die Nachfolge von Dieter Graf Landsberg-Velen und Jürgen Thumann an. „Graf zu Rantzau hat sein Leben und Wirken immer in den Dienst anderer gestellt, sei es bei uns in Pferdesport und Zucht, sei es in der Kirche oder in Gemeindearbeit. Mit ihm verlieren wir ein Vorbild, einen Freund und einen einzigartigen Menschen“, sagte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach.
In seiner Person vereinigte Breido Graf zu Rantzau viele der Facetten, die Pferdesport und Pferdezucht ausmachen. Als Reiter war er bis zu seinem 60. Lebensjahr hoch erfolgreich. Bereits 1965 wurde er Dritter bei den Deutschen Meisterschaften der Junioren. Und zwar nicht im Springen, wie man aufgrund seiner späteren Sportkarriere vermuten könnte, sondern in der Dressur. Der geborene Holsteiner wechselte allerdings rasch in den Springsattel und gewann 1967 die Silbermedaille bei den Deutschen Meisterschaften der Junioren und im selben Jahr auch noch Gold bei den Europameisterschaften. Auch nach seiner Jugendzeit blieb Graf zu Rantzau dem Springsport treu und feierte 1985 einen ganz besonderen Erfolg: Er wurde Fünfter im Deutschen Springderby in Hamburg Klein-Flottbeck, gemeinhin bekannt als die schwerste Springprüfung der Welt. 1986 folgten dann noch eine Goldmedaille bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften Springen sowie zahlreiche Erfolge in internationalen Springen sowie drei Einsätze bei Nationenpreisen.
Nicht minder erfolgreich betätigte sich Breido Graf zu Rantzau züchterisch. Aus seiner Zucht gingen mehr als 60 eingetragene Turnierpferde mit teilweise internationalen Erfolgen hervor. Auch ehrenamtlich engagierte er sich stark in der Pferdezucht. Von 1986 bis 2007 war er erster Vorsitzender des Holsteiner Zuchtverbandes und von 1999 bis 2005 Vizepräsident der WBFSH, dem Weltverband der Reitpferde-Zuchtorganisationen.
Als der diplomierte Betriebswirt Breido Graf zu Rantzau 2005 zum Präsidenten der FN gewählt wurde, übernahm er dieses Amt in einer keineswegs leichten Situation für den Verband, da es zu dieser Zeit diverse und nicht unerhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Dachverband und den Mitgliedsverbänden auf Landesebene gab. Dabei legte er großes Engagement zutage, um für alle Beteiligten konsensfähige Lösungen zu finden und bewies die Fähigkeit, auch kontroverse Themen auf Augenhöhe zu diskutieren.
Seine Amtszeit war ereignisreich und von Wandel geprägt. Zu den Höhepunkten zählen sicherlich die Weltreiterspiele in Aachen im Jahr 2006 und die Olympischen und Paralympischen Spiele in Hongkong 2008, in deren Folge der Sport jedoch aufgrund der Doping- und Medikationsfälle national wie international in heftige Turbulenzen geriet. Eine neutrale Untersuchungskommission wurde eingerichtet, bis zur Aufarbeitung der Vorgänge wurden sämtliche Bundeskader aufgelöst und ein Anti-Doping-Maßnahmenpaket wurde geschnürt. Auf internationaler Ebene war es seiner Intervention bei der Mitgliederversammlung 2009 zu verdanken, dass die FEI eine zunächst geplante Verwässerung und Abschwächung der im Pferdesport sehr strengen Doping- und Medikationsregeln wieder zurücknahm.
Noch mehr als seine Vorgänger musste sich Graf zu Rantzau als FN-Präsident Fragen nach der künftigen Entwicklung von Sport und Zucht, aber auch gesellschaftlichen und politischen Themen stellen. So war er einer der Gründerväter der Stiftung Deutscher Spitzenpferdesport im Jahr 2013, für die er auch aktiv Stifter und Förderer gewinnen konnte. Von Beginn an setzte sich Graf zu Rantzau für den Breitensport ein, machte sich gegen die Einführung einer Pferdesteuer stark und warnte als einer der Ersten vor den Folgen einer unkontrollierten Ausbreitung des Wolfes in Deutschland, musste sich aber auch mit Themen wie der Prävention sexualisierter Gewalt und Alkoholexzessen auseinandersetzen. In seiner Amtszeit wurde die Kampagne „Vorreiter Deutschland“ initiiert, die die Zukunft der Vereine und Verbände im Blick hatte, ebenso wie der erste Parlamentarische Abend in Berlin. Unter seiner Führung wurde ein FN-Hauptstadtbüro in Berlin eingerichtet, um wichtige politische Entscheidungen rechtzeitig zu erkennen und entsprechend handeln zu können. Der gute Kontakt zur Politik zahlte sich spätestens zu Beginn der Corona-Krise aus, als es in Windeseile gelang, eine Sonderregelung für den Pferdesport zu erwirken. Auch wenn die Notbewegung der Pferde sicherlich nur eine Notlösung war, erging es den Reitern und Fahrern doch besser als Millionen anderer Sportler in Deutschland, die monatelang gänzlich auf ihren Sport verzichten mussten.
2020 erkrankte Breido Graf zu Rantzau so schwer, dass er sich 2021 nicht mehr zur Wiederwahl stellte. Jedoch war es ihm sehr wichtig, sein Amt in gute Hände zu legen. Bereits Ende 2020 präsentierte er den Gremien des Verbandes Hans-Joachim Erbel als Wunsch-Kandidaten, ein halbes Jahr später wurde dieser bei den FN-Tagungen in Fulda zu seinem Nachfolger gewählt.
Für seine Verdienste wurde Graf zu Rantzau vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Preis der Stadt Aachen (2013), mit dem Friedensreiterpreis des Westfälischen Reitervereins von 1835 (2013) sowie dem Meteor-Preis (2017). Bei FN-Tagungen in Fulda dankte ihm der Verband im Rahmen eines feierlichen Festabends für seine 16-jährige Amtszeit und seine Verdienste für Sport und Zucht mit der höchsten Auszeichnung, die er zu vergeben hat: das Deutsche Reiterkreuz in Gold mit Brillanten. Im selben Zusammenhang verlieh ihm der damalige DOSB-Präsident Alfons Hörmann die DOSB-Ehrennadel in Gold, außerdem wurde er zum Ehrenmitglied der World Breeding Federation for Sport Horses (WBFSH) sowie zum Ehrenpräsidenten der FN ernannt. Hb/fn-press