Die Mitgliederversammlung des Weltreiterverbandes (FEI) hat in diesem Jahr in Kapstadt in Südafrika getagt. Dabei wurde der bisherige FEI-Präsident Ingmar de Vos für weitere vier Jahre wiedergewählt. Neben Wahlen, Rückschau, Saisonplanung und diversen Regelwerksänderungen in den einzelnen Disziplinen ging es um Tierschutz, gesellschaftliche Akzeptanz und die Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris. Über die Ergebnisse berichtet Soenke Lauterbach, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), im Interview.
Wer hat an der Generalversammlung teilgenommen?
Soenke Lauterbach: „Insgesamt haben 96 nationale Pferdesportverbände teilgenommen, entweder vor Ort oder online zugeschaltet. Neben der Wahl des FEI-Generalsekretärs wurden unter anderem auch die Aktivensprecher in den einzelnen Disziplinen gewählt. Aus Deutschland waren das Bettina Hoy (Vielseitigkeit) und Sabrina Arnold (Distanzreiten). Bedauerlicherweise war die Beteiligung der Aktiven gering, selbst da, wo mehrere Kandidaten zur Auswahl standen.“
Es sind nur noch zwei Jahre bis zu den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris. Gibt es hierzu neue Erkenntnisse?
Lauterbach: „Wie Ingmar de Vos berichtet hat, gestaltet sich die Arbeit vor Ort recht schwierig. Es müssen viele Kompromisse gemacht werden. Beispielsweise weil der Austragungsort mit dem Modernen Fünfkampf geteilt werden muss und uns daher Wettkampftage verloren gehen. Das bedeutet, dass unsere Pferde zum Beispiel nicht nach Nationen, sondern nur nach Disziplin eingestallt werden, was nicht gut ist, weil dadurch das teaminterne Management für die Nationen viel schwieriger wird und weniger Teamspirit entsteht. Es gibt jedoch keine andere praktikable Variante. Kompromisse sind auch nötig, um Kosten zu sparen, was angesichts der derzeit steigenden Kosten wichtiger denn je ist.“
Üblicherweise findet ja vor den Spielen ein Testevent statt. Wird das auch in Paris so sein?
Lauterbach: „Nein, es wird kein Testevent geben. Beim jährlichen Eventing-Forum im Februar wird es einen Besuch in Versailles geben. Dort werden die Reiterspiele ja ausgetragen. Im September wird dann ein Chef de Mission-Meeting dort stattfinden und mit ein paar Pferden soll das Geläuf der geplanten Geländestrecke getestet werden. Und beim Sport Forum im April 2023 in Lausanne wird auch das Organisations-Komitee präsent sein.“
Wie sieht es denn mit dem Austragungsmodus aus? Bleibt es bei den drei Paaren je Disziplin?
Lauterbach: „Ja, daran wird sich leider nichts ändern. Darüber wurde schon letztes Jahr endgültig entschieden. Erfreulich ist allerdings, dass die Reihenfolge im Springen – erst Mannschaft, dann Einzel – wieder eingeführt wird. Auch dafür haben wir uns stark gemacht.“
Ein zentrales Thema waren der Tierschutz und die Akzeptanz des Sportes in der Gesellschaft. Um was ging es genau?
Lauterbach: „Die FEI hat eine unabhängige „Equine Ethics and Wellbeing Commission“ zu diesem Thema eingerichtet, der fünf externe und fünf FEI-interne Mitglieder angehören. Der Grund ist, dass die Gesellschaft nicht zwischen Sportarten, Disziplinen und Organisationen im Pferdesport unterscheidet und dass Emotionen häufig entscheidender sind als wissenschaftliche Belege, wenn es um gesellschaftliche Anerkennung geht. Die jüngsten Empfehlungen einer Arbeitsgruppe der französischen Nationalversammlung für die Olympischen Reiterspiele 2024 sind ein Beispiel für die zunehmende Sensibilität der Gesellschaft und für den Versuch, von außen Einfluss auf unseren Sport zu nehmen. Die Kommission unter der Leitung von Professor Natalie Waren und Professor Kathalijne Visser hat die Aufgabe, relevante Themen zu identifizieren und Vorschläge für eine Strategie zu machen, wie diesen Herausforderungen zu begegnen ist. In Kapstadt wurden erste Erkenntnisse vorgestellt. Im Sport Forum 2023 wird das Thema wieder auf der Tagesordnung stehen, bei der Mitgliederversammlung Ende 2023 soll dann das finale Ergebnis präsentiert werden.“
Was nehmen Sie als erste Erkenntnisse des Vortrags mit?
Lauterbach: „Die hohe Priorität des Themas, auch bei der FEI. Im Zusammenhang mit dem Thema wurden von der FEI zwei weltweite Umfragen initiiert, unter Pferdeleuten und in der Bevölkerung. Dabei kam unter anderem heraus, dass 78 Prozent der befragten Pferdeleute meinen, dass die Standards in Sachen Pferdewohl verbesserungsbedürftig sind. Das Ganze ist ein Thema, mit dem wir uns auch national beschäftigen.“ (fn-press)