„Social license“ oder „gesellschaftliche Akzeptanz“ – Schlagworte, die seit einiger Zeit immer wieder in Bezug auf den Pferdesport fallen. Die Pferdesport-Gemeinschaft mit Vertreterinnen und Vertretern aus Sport, Wissenschaft, Wirtschaft, Vereinen, Zucht, Gesellschaft und Medien hat sich auf Einladung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) in Warendorf zu einem zweitägigen Kick-Off-Workshop getroffen, um der Frage nachzugehen: „Was muss getan werden, damit der Pferdesport auch in Zukunft gesellschaftlich akzeptiert bleibt?“
Was bedeutet eigentlich „social license“? Diese Frage hat Theo Ploegmakers, Präsident der European Equestrian Federation (EEF), in seinem Impulsreferat beantwortet und appellierte: „Wir als Pferdegemeinschaft müssen uns öffnen, um die Zukunft unseres Sports zu sichern. Wir müssen um das Vertrauen der Gesellschaft kämpfen und akzeptieren, dass gesellschaftliche Veränderungen auch Einfluss auf uns haben.“
Einen ähnlichen Appell formulierte Dr. Christina Münch in ihrem Vortrag. Die Wissenschaftlerin und Leiterin des Marktforschungsinstituts „HorseFuturePanel“ stellte die Ergebnisse unterschiedlicher Studien vor und resümierte: „Das Pferd verfügt noch immer über höchste Sympathiewerte in der Bevölkerung. Aber es gelingt seit Jahren nicht, neue Bevölkerungsgruppen für den Pferdesport zu erschließen. Turnierreiter bewerten die Zukunft der sportlichen Nutzung des Pferdes eher optimistisch, in der Pferdebranche tätige Personen eher kritisch. Damit Pferde weiter im Sport genutzt werden dürfen, muss das Wissen um das Wohlergehen des Pferdes sichergestellt werden. Es müssen unabhängige Kontrollen stattfinden und bestehende Tierschutzregeln durchgesetzt werden.“
Julia Becker und Tobias Korenke, Verlegerin und Kommunikationschef der Funke-Mediengruppe, analysierten den Einfluss der Medien auf den Pferdesport und betonten: „Der Reitsport steht in den Medien heute mehr denn je unter Erklärungs-beziehungsweise Legitimationsdruck. Die Medienwelt hat sich radikal verändert und mit ihr der Blick auf den Pferdesport. Medien spiegeln den Wertewandel in der Gesellschaft: Die Haltung zum Tier hat sich verändert und damit auch die Haltung zum Pferdesport. Der Pferdesport hat sich zu lange eingeigelt, zu wenig erklärt und aufgeklärt.“ Ihr Fazit: „Die beste Kommunikation ist das Verhalten, nicht das, was man darüber erzählt.“
Wieso Veränderungen für den Menschen so schwierig sind, erklärte Prof. Dr. Inga Wolframm, Dozentin für nachhaltigen Pferdesport an der University of Applied Sciences Van Hall Larenstein in den Niederlanden an Hand eines ABCD-Modells: A wie „Aufpassen: Unser Gehirn ist faul und bedient sich gerne der einfachsten Lösung“. B wie „Befragen: Warum geht eine Veränderung nicht?“ C wie Checken: Passt die Lösung zum Problem? Und schließlich D wie „Durchziehen“.
Impulse zu setzen und eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen war das Ziel des zweitätigen Workshops, bei dem in Kleingruppen auch Zielsetzungen für die einzelnen Bereiche des Pferdesports erarbeitet wurden. „Wir betreiben den schönsten Sport der Welt, ob als Freizeitreiter, Fahrer, Voltigierer oder Spitzensportler. Wir sind der einzige olympische Sport, bei dem Frauen und Männer gleichberechtigt um die gleichen Medaillen kämpfen. Darüber hinaus entwickeln Kinder durch den Umgang mit dem Pferd Verantwortungsgefühl, Zuverlässigkeit, Disziplin, Empathie und Einfühlungsvermögen. Und dennoch nimmt uns die Gesellschaft oftmals nur durch die wenigen – wenn auch leider zu vielen – schlechten Bilder wahr. Dies müssen wir ändern! Zum einen müssen wir schlechte Bilder in unserem Sport soweit wie möglich verhindern, auf der anderen Seite müssen wir alle, jeder in seinem eigenen Umfeld, dafür sorgen, dass die schönen Seiten des Pferdesports und unsere Horsemanship einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden“, zog FN-Präsident Hans-Joachim Erbel ein erstes Fazit. FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach ergänzte: „Ich sehe, dass viel Arbeit auf uns alle im Pferdesport zukommt, aber ich bin voller Zuversicht.“ (Lau/Hb-fn-press)