Nach den beiden Corona-Jahren ist der deutsche Turniersport allmählich wieder zur „Normalität“ zurückgekehrt. 2022 entsprach das Angebot an Turnierveranstaltungen weitgehend dem von 2019, wenngleich mit etwas weniger Prüfungen. Die Zahl der Starts hinkt dieser Entwicklung allerdings noch hinterher.
Im Jahr 2022 wurden insgesamt 3.562 nationale Turniere gezählt, das sind rund 34,31 Prozent mehr als im Vorjahr (2.652) und fast genauso viele wie 2019 (3.567).
Die Zahl der Prüfungen stieg von 41.716 um rund 41 Prozent auf 59.054. Das sind nur noch 10,9 Prozent weniger als 2019. Hierbei zeigt sich, dass die Dressur- und Dressurreiterprüfungen mit knapp 30 Prozent und die Dressurpferdeprüfungen mit knapp sechs Prozent prozentual deutlich zugenommen haben. Zusammen mit den Reitpferdeprüfungen machte die Dressur im Jahr 2022 mehr als 37 Prozent des nationalen Turniersports aus. Und auch international gab es hier Zuwachs – mit 76 CDI im Jahr 2022 hat sich die Zahl gegenüber 2019 (39) nahezu verdoppelt.
Den nach wie vor größten Anteil mit knapp 44 Prozent am nationalen Sport hatten aber auch 2022 die Springprüfungen. Die Springpferdeprüfungen machten 11,4 Prozent aus, das entspricht etwa der Größenordnung vor der Corona-Zeit. Auch die internationalen Springturniere lagen mit 109 CSI nur noch knapp unter dem Niveau von 2019. Damals waren es 118.
Noch Nachholbedarf bei den Starts
Im Vergleich zu den Turnier- und Prüfungszahlen hinken die Starts den Vor-Corona-Zahlen noch hinterher. Zwar wurde 2022 die Millionengrenze mit 1.111.842 Starts wieder übertroffen, dennoch fehlen knapp 17 Prozent zum Wiedererreichen der Zahlen von 2019.
„Die Zeit vor und zu Beginn von Corona waren geprägt davon, dass die Veranstalter die Startwünsche der Aktiven oft nicht ausreichend erfüllen konnten – Stichwort Startplatzbegrenzung. Mit verschiedenen Maßnahmen hat die FN versucht, die Kosten für Veranstalter zu senken beziehungsweise die Einnahme-Möglichkeiten zu erhöhen, um damit die Finanzierung von Turnieren sicherzustellen. Das scheint offensichtlich funktioniert zu haben. Womit jedoch keiner rechnen konnte, war der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Preissteigerungen in allen Bereichen des Lebens. Diese waren vermutlich der Grund, warum die Zahl der Aktiven und die Starts etwas hinterherhinken. Diese wieder zurückzugewinnen und möglichst auch neue Reiter und Fahrer hinzuzugewinnen, stellt uns vor große Herausforderungen. Umso mehr, als wir noch gar nicht abschätzen können, wie sich die Preissteigerungen für tierärztliche Leistungen auf unseren Sport – Pferdebesitzer und Veranstalter – auswirken werden“, sagt Fritz Otto-Erley, Leiter der Abteilung Turniersport der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).
Turnierlandschaft weitgehend „normalisiert“
Dass sich die Turnierlandschaft 2022 weitgehend normalisiert hat, zeigt auch ein Blick auf die Art der Veranstaltungen. Hatten in den Corona-Jahren reine LPO-Turniere die Szene beherrscht, also solche mit ausschließlich nach der Leistungs-Prüfungs-Ordnung ausgeschriebenen Leistungsprüfungen, dominierten im vergangenen Jahr wieder die gemischten WBO-/LPO-Veranstaltungen das Turniergeschehen. Die Zahl der reinen LPO-Veranstaltungen betrug 1.136 Turniere (2021: 1.146) und lag damit immer noch höher als vor Corona (2019: 1.062). Gleichzeitig stieg die Zahl der gemischten LPO-/WBO-Turniere wieder auf 2.426 an (2021: 1.506, 2019: 2.505). „Eine positive Tendenz, denn wir dürfen gerade den Einsteigerbereich nicht vergessen“, sagte Otto-Erley.
Jahresturnierlizenzen bleiben unter Vor-Corona-Niveau
Während das Veranstaltungsangebot 2022 also wieder auf Vor-Corona-Niveau zurückgekehrt ist, war dies bei den Reit- und Fahrausweisen nicht der Fall. Ein erfreulicher Zuwachs von über elf Prozent kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass 71.831 Reit- und Fahrausweise noch deutlich von den vormals rund 80.000 Jahresturnierlizenzen entfernt sind.
Ein ähnlicher Trend ist bei den Schnupperlizenzen erkennbar. Hier standen 5.230 Lizenzen (2021: 4.342) insgesamt 6007 im Jahr 2019 gegenüber – ein Minus von knapp 14 Prozent.
Immer mehr Turnierpferde neu eingetragen
Zum Minus bei den Jahresturnierlizenzen passt auch die weiter sinkende Zahl an fortgeschriebenen Turnierpferden. Diese sank von zuletzt 109.586 Pferden weiter auf 107.451 Pferde (2019: 132.193). Demgegenüber stand allerdings ein Zuwachs bei den Neueintragungen. Dieser überstieg mit 22.654 Pferden sogar die Zahl von 2019. Damals waren es nur 21.131 neu registrierte Turnierpferde.
Auffällig ist die weiterhin steigende Tendenz bei der Ausstellung von FEI-Pässen. Hier wurde mit knapp 3.000 die bisherige Höchstzahl erreicht. Hierin spiegelt sich der Wunsch vieler Reiter wider, an Veranstaltungen im Ausland teilzunehmen.
Zahl älterer Turnierpferde steigt
Zeitgleich nimmt der Anteil an älteren Pferden im Sport zu. So wuchs der Anteil von über 16-jährigen Pferden im Sport im vergangenen Jahr auf fast elf Prozent (2021: 8,69 %), während die Drei- und Vierjährigen nur 9,15 Prozent ausmachten (2021: 9,63 %). Rund die Hälfte aller aktiven Turnierpferde ist nach wie vor zwischen fünf und zehn Jahre alt. „Die Zahlen sind ein Indiz für das steigende Bewusstsein in Bezug auf das Wohlbefinden und die Gesunderhaltung der Pferde. Veränderte Haltungsbedingungen und der gezielte und vielseitige Einsatz tragen dazu bei, dass immer mehr ältere Pferde im Sport bleiben“, so Otto-Erley. (fn-press)