Die Spannung im Park von Versailles knisterte, bis der letzte Reiter durchs Ziel war. Denn noch stand nichts fest. Aber Großbritannies Schlussreiter Scott Brash spielte mit seinem Hello Jefferson (v. Cooper van de Heffinck) seine ganze Nervenstärke und Routine aus und kam mit nur einem Zeitfehler ins Ziel. Das bedeutete für die Briten Gold mit insgesamt nur zwei Zweitfehlerpunkten aus den drei Runden. Den ersten Zeitfehler hatte Startreiter Ben Maher auf Dallas Vegas Batilly (v. Cap Kennedy) eingesammelt, während Harry Charles auf Romeo (v. Contact van de Heffinck) die entscheidende Nullrunde abgeliefert hatte, um zwölf Jahre nach seinem Vater Peter Charles wieder Gold zu gewinnen.
Zu Silber sprang das Team USA, wie vor drei Jahren bei Olympia in Tokio. Startreiterin Laura Kraut hatte mit Baloutinue zwar einen Anwurf, aber Karl Cook auf Caracole de la Roque und McLain Ward auf Ilex sicherten Platz zwei mit fehlerfreien Runden – wobei Karl Cook im Eifer des Gefechts an der Zweifachen am Ende sogar noch seine Sonnenbrille in den Sand verabschiedete.
Viel bejubelte Bronze erkämpften sich die Franzosen in Paris: Startreiter Simon Delestre kam ohne Abwurf, aber mit drei Zeitfehlerpunkten umjubelt auf I Amelusina ins Ziel, der ursprüngliche Ersatzreiter Olivier Perreau lieferte mit Dorai D’Aiguilly die erste Nullrunde des Tages ab, und Julien Epaillard hatte mit Dubai du Cedre zwar einen Springfehler. Aber die sieben Punkte insgesamt bedeuteten Platz drei. Denn insgesamt hatten die drei Franzosen rund eine halbe Sekunde weniger gebraucht als die Niederländer, die mit ebenfalls sieben Felerpunkten auf dem undankbaren vierten Platz landeten.
Und Team Deutschland? Als Einzige mit drei Nullrunden aus der Qualifikation am Tag zuvor als letzte Starter und guten Medaillenchancen eingeritten, wurden sie an diesem Tag Fünfte und müssen jetzt auf die Einzel-Entscheidungen hoffen. Denn gleich ihr Erster, Christian Kukuk, hatte mit Checker am Ende des Parcours in der Zweifachen einen leichten Abwurf, nachdem zuvor an der Triplebarre das Glück noch auf seiner Seite war und die berührte Stange zurück in die Auflage fiel. Auch Richard Vogel erwischte es mit United Touch S an der Zweifachen. Ein Netzroller. Mit zweimal vier Fehlerpunkten als Hypothek ging Vize-Europameister Philipp Weishaupt nach der Schlepppause an den Start, bewies seine Nervenstärke und lieferte mit Zineday die erste und einzige Nullrunde für Team Deutschland ab.
Insgesamt waren nur noch neun Teams an den Start gegangen, weil die ebenfalls qualifizierten Mexikaner verzichten mussten, weil Carlos Hank Guerreiros Porthos Maestro WH Z nicht „fit to compete“ war. Und für Team Israel verzichtete am Ende Schlussreiter Daniel Bluman auf seinen Start mit Ladriano Z, weil sich schon 33 Punkte auf dem Konto angesammelt hatten.
Christian Kukuk sagte nach seinem Ritt: „Ja, ehrlich gesagt, eigentlich war ich zu 95 Prozent genauso zufrieden wie gestern. Ich hatte ein super Gefühl, alles ist so ein bisschen oder alles ist so gelaufen, wie ich es mir vorgenommen hatte. Checker war total fokussiert, war bei mir, hat mich machen lassen, was ich wollte. Ich hatte auch total das Gefühl, dass es harmonisch war, er hat alles angenommen. Und dann kam so ein blöder Flüchtigkeitsfehler da am Ende um die Ecke, am vorletzten Sprung, das war natürlich total ärgerlich am Ende. Trotzdem will ich noch nicht enttäuscht sein, weil es noch nicht vorbei ist. Richi ist es ähnlich ergangen. Er hat auch eine geile Runde gehabt, hat leider am Einsprung dann so einen blöden Flüchtigkeitsfehler.“
Richard Vogel fügte hinzu: „Ich will es nicht schönreden, aber ich glaube, United sprang wieder fantastisch. Er hat mir ein super Gefühl gegeben, hat sich auch super reiten lassen. Der Plan war schon, ihn da in der Zweifachen passend aufzunehmen, weil die Kombination eben eng steht für ihn. Um da ein bisschen Tempo rauszunehmen, so dass er eben innen drin genug Platz hat. Für den Aussprung war es auch ganz gut. Für den Einsprung, glaub ich, war der Motor fast ein bisschen aus. Da hatte ich das Tempo fast ein bisschen zu viel rausgenommen, jetzt im Nachhinein, und da hat er leicht berührt. Das ist die einzige Stange, die er berührt hat im Parcours, die ist leider gefallen. So ist unser Sport. Ich glaube, er sprang für eine Nullrunde. Ich hätte es am Ende ein bisschen besser reiten müssen.“
Philipp Weishaupt war mit seinem Zineday hoch zufrieden, aber fasste sein Fazit fürs Team kurz in einem Satz zusammen: „Wir waren heute einfach nicht gut genug.“
Bundestrainer Otto Becker: „Im Moment überwiegt die Enttäuschung, weil wir uns gut vorbereitet hatten. Wir haben ja den Dreien, die hier geritten sind, gestern und heute in der Vorbereitung, aber schon in den letzten Wochen freie Hand gegeben, dass sich jeder individuell vorbereiten konnte. Das war die richtige Entscheidung, das hat sich gestern und heute gezeigt. Wir haben sechs super Runden gesehen, aber wir hatten heute leider zwei Fehler zu viel, wobei, da kann man technisch keinen Vorwurf machen, sie haben alle top geritten, das war ein richtig schwerer Parcours. Das waren wirklich zwei Flüchtigkeitsfehler und das macht es so bitter. Aber die anderen waren einfach besser und da müssen wir auch gratulieren.“ Und richtete den Blick nach vorne: „Jetzt lassen wir es erstmal sacken heute. Wie schon gesagt, im Moment überwiegt die Enttäuschung. Aber das geht ja im Einzel wieder von vorne los. Die Motivation, die ist ganz schnell wieder da, weil sie wissen, dass alle gut genug sind und auch heute super Leistungen gezeigt haben. Sie haben hier alle Drei ihr Weltklasse-Niveau bestätigt und sie wissen auch, wenn das Quäntchen Glück da ist, dass es noch Chancen gibt im Einzel.“
Am enttäuschendsten lief es für die Schweden, die Gold-Gewinner von Tokio: Startreiter Henrik von Eckermann, seit zwei Jahren die Weltranglisten-Nr. 1, kassierte mit seiner Null-Maschine King Edward einen Abwurf, Routinier Rolf-Göran Bengtsson sammelte mit Zuccero seinen Fehler gleich am ersten Sprung ein und Schlussreiter Peder Fredricsson fügte dem Ganzen mit Catch Me Not S weitere vier Punkte hinzu – was am Ende Rang sechs hinter den Deutschen bedeutete.