Holger Wulschner ist ein Freund klarer Worte, kann mit Hinterzimmer-Tricksereien überhaupt nichts anfangen und weiß als erfolgreicher Reiter, Züchter und Turnier-Veranstalter, wovon er spricht, wenn es um die Belange von Pferden und Reitern geht. Genau deshalb hatten ihn die deutschen Aktiven zu ihrem Sprecher gewählt mit Sitz im Präsidium der FN und von seinem ehrenamtlichen Engagement profitiert. Aber jetzt hat der Mecklenburger voller Enttäuschung seinen Sitz im Präsidium hingeworfen. Gegenüber spring-reiter.de hat er es in dem Satz zusammengefasst: „Mir ist die Freundschaft zu Stefan mehr wert als jedes Amt.“
Stefan, das ist sein Freund Stefan Unterlandstättner, von ihm gecoachter Amateurreiter mit eigener Trainerlizenz und bis vor wenigen Wochen als Vorstandsvorsitzender der DKB auch verantwortlich für das Sport-Sponsoring seiner Bank unter anderem im Reitsport. Mit Standing Ovations war er mit 62 Jahren in den Ruhestand verabschiedet worden, nachdem er in den zehn Jahren seines Wirkens den Gewinn der Bank (vor Steuern) fast verachtfacht hat.
Angesichts der desaströsen Lage der Deutschen Reiterlichen Vereinigung war Holger Wulschner natürlich auf die Idee gekommen, seinen nun von beruflichen Verpflichtungen befreiten Freund im FN-Präsidium als möglichen Kandidaten für das vakante Präsidentenamt ins Gespräch zu bringen. „Ich hatte das vorher gar nicht mit Stefan abgesprochen, aber wir brauchen doch einen, der den Laden saniert.“
Das Interesse war geweckt, die Findungskommission nahm Kontakt mit dem erfolgreichen Banker auf, eine Mehrheit für den Kandidaten zeichnete sich ab – und dann passierte etwas, was Horst Seehofer einmal als „Schmutzeleien“ bezeichnete und ein zorniger Holger Wulschner in die Worte fasst: „Mich hat geärgert, was da abgeht!“ Unter anderem ein Mitglied der Findungskommission, das offenbar um eine Mehrheit für seinen Kandidaten Martin Richenhagen fürchtete, verbreitete im Netz nach PETA-Art ein Standbild von Stefan Unterlandstättner auf seinem Schimmel Caruso bei einem Turnier, auf dem man sieht, dass sich das Pferd am Gebiss stößt.
Es ist eine Momentaufnahme und wer sich den kompletten Ritt von Stefan Unterlandstättner und Caruso ansieht, wird sie kaum entdecken können, so kurz ist der Moment: Der Reiter merkt vor dem zweiten Hindernis der Kombination, dass es nicht passen wird, nimmt seinen Schimmel zur Seite vor dem Sprung heraus – und fertig ist die Momentaufnahme. Wer weiter guckt, sieht ein entspanntes Pferd, das zur Beruhigung von seinem Reiter abgeklopft wird, das Hindernis neu angeht und die komplette Kombination wunderbar fehlerfrei überwindet.
Aber, wie sagten schon die alten Römer: Verleumde frech, irgendwas wird schon hängenbleiben. Genau das wollte sich Stefan Unterlandstättner nicht antun und verzichtete auf eine Kandidatur. Holger Wulschner machte sich Luft: „Damit kann ich nicht umgehen.“ Natürlich sei es „eigentlich falsch“, jetzt alles hinzuwerfen, „denn jetzt gewinnen die, die nicht gewinnen sollten“. Aber Spielchen à la Trump sind nun einmal nicht sein Ding.
Den Schaden hat der deutsche Reitsport, dem durch eine Schlammschlacht ein erfolgreicher und unabhängiger Manager verloren geht, der beim Aufräumen sicher tatkräftig hätte helfen können.