Im Rolex Round Table Interview in Genf mit einem anschließenden Stallbesuch bei seinem Top-Star United Touch S hat Richard Vogel über Druck, hohe Erwartungen und die wertvollen Erfahrungen in der Young Riders Academy gesprochen. Gegenüber spring-reiter.de hat das Rolex Testemonial außerdem verraten, wie man so erfolgreich wird wie er und welchem PS-starken PKW United Touch S am ehesten ähnlich ist.
Vor einem Jahr hast du den Rolex Grand Prix hier beim CHI Genf gewonnen. Kannst du uns sagen, wie du dich damals gefühlt hast und wie du dich jetzt als Titelverteidiger fühlst?
[Richard Vogel]: „Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke. Letztes Jahr hier zu gewinnen, war etwas ganz Besonderes für uns, denn es war unser erster Sieg bei einem Rolex Major und das erste Mal, dass wir beim CHI Genf angetreten sind. Die Atmosphäre mit dem unglaublichen Publikum ist wirklich einzigartig, und mein erster Rolex Major-Sieg hier wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.Als ich vergangenes Jahr zum Turnier kam, habe ich ehrlich gesagt nicht geglaubt, dass wir gewinnen würden. Aber ich bin sehr wettbewerbsorientiert. Ich nehme nicht nur an Turnieren teil, um zu üben – auch wenn das manchmal vorkommt -, sondern wir haben immer das Ziel, etwas zu erreichen. Als ich letztes Jahr ins Stechen ging, wusste ich, dass wir es mit einigen der besten Pferd-Reiter-Kombinationen der Welt zu tun hatten, und da ich als Erster an den Start ging, musste ich alle Risiken eingehen. Glücklicherweise hat sich das am Ende ausgezahlt. Im ersten Umlauf gab es ein oder zwei Dinge, die ich hätte verbessern können, aber im Stechen haben United Touch S und ich alles gegeben, und ich war sehr zufrieden mit unserer Leistung.“
Richard, welchen Rat würdest du jungen Reitern geben, die ebenso erfolgreich sein möchten, wie Du?
[Richard]: „Gebt eure Träume nie auf, aber macht euch auch bewusst, dass man den Erfolg nicht geschenkt bekommt. Harte Arbeit ist wichtig und es muss auch ein kluger Plan dahinter sein. Man muss für sich herausfinden, wo man steht, und klar entscheiden, wo man hin will. Und dann gilt es einen guten Plan zu machen, mit dem man dort hinkommt. Ein strukturierter Plan, Entschlossenheit und der unbedingte Wille sind der Schlüssel.“
Richard, vor eineinhalb Jahren hast Du gesagt, United Touch S sei noch nicht das beste Pferd der Welt. Wie würdest Du die Frage jetzt beantworten?
[Richard]: „Er hat mein Leben und meine Karriere im Springsport verändert. Wir sind sehr stolz auf seine Fortschritte und wir versuchen auch jetzt noch, uns ständig zu verbessern. Zum Beispiel sprang er am Freitagabend im Rolex IJRC Top 10-Finale brillant, aber ich war es, der die Fehler machte – aus denen wir lernen können. In diesem Sport kommt es auf die Partnerschaft an, und wenn wir beide weiter lernen und neue Erfahrungen machen, können wir immer besser werden. Ich würde nicht behaupten, dass wir das beste Paar der Welt sind, aber ich denke, wir sind auf jeden Fall konkurrenzfähig, wenn es um einen Sieg in einer der besten und schwersten Prüfungen der Welt geht, und das werden wir auch am Sonntag beim Rolex Grand Prix hier im CHI Genf versuchen.“
Wie gehst Du nach dem letztjährigen Ergebnis mit dem Druck um, den Titel zu verteidigen?
[[Richard]]: „Letztes Jahr, als wir hierher kamen, waren wir die Underdogs. Wir waren unheimlich stolz darauf, überhaupt antreten zu dürfen, und dann haben wir es geschafft, uns für den Rolex Grand Prix zu qualifizieren. Was auch immer danach passierte, es fühlte sich wie ein eigener Erfolg an. Vor dem Grand Prix hatten wir nichts zu verlieren.
In diesem Jahr sind wir wahrscheinlich nicht mehr die Underdogs, und das bringt mehr Druck mit sich – anders als ich es gewohnt bin. Jetzt, wo ich als Titelverteidiger zurückkomme, fühlt sich alles andere als ein Sieg fast wie eine Enttäuschung an. Die Erwartungen sind ziemlich hoch, aber daran kann man sich gewöhnen, wie dieses Jahr in Stuttgart, meinem Heimturnier, wo wir nach 2022 dieses Jahr erneut gewonnen haben. Das ist einfach ein Teil unseres Sports.“
Wie hat der Sieg des Rolex Grand Prix beim CHI Genf Deine Pläne für dieses Jahr beeinflusst?
[Richard]: „Der Sieg hat das Bild, das die Leute von uns haben, verändert, aber wir haben versucht, nicht zu viel zu ändern und bei dem zu bleiben, was für uns funktioniert. Es hat uns den Zugang zu den Top-Shows erleichtert und unser Selbstvertrauen gestärkt, aber unser Fokus liegt weiterhin auf kontinuierlicher Verbesserung.“
Stall-Besuch bei United Touch S
Wie würdest du United Touch S mit einem Wort beschreiben?
Richard: „Erstaunlich! Oder vielleicht: Einzigartig. Er ist wirklich unvergleichlich – ein ganz besonderes Pferd, sowohl von der Persönlichkeit als auch von der Art, wie er springt.“
Was ist die Geschichte hinter seinem Namen United Touch S?
Richard: „Sein Vater heißt Untouched, und sowohl sein Vater als auch seine Mutter wurden vom selben Züchter und Besitzer gezüchtet.“
Mag er es zu reisen?
Richard: „Ja, er ist sehr professionell, wenn es um das Reisen geht. Allerdings wird er gelegentlich etwas frech, wenn er mehr Karotten will!“
Wie bereitest Du United auf den Rolex Grand Prix hier am CHI Genf vor?
Richard: „Heute wird es leichte Flatwork sein. Freitag bin ich dreimal mit ihm rausgegangen: am Morgen, vor dem Rolex IJRC Top 10 Finale und noch einmal zum Aufwärmen vor der Prüfung. Samstag werden wir es ruhig angehen lassen, damit er für Sonntag frisch ist. Sonntag früh werde ich ihn locker reiten, damit wir die Zeit vor der Prüfung so kurz wie möglich halten können.“
Wie wichtig ist die Bindung zu Dir und deiner Pflegerin Felicia?
Richard: „Sehr wichtig! United und ich haben eine starke Bindung, aber seine Verbindung zu Felicia ist noch stärker. United ist das Pferd, das uns wirklich bekannt gemacht hat, und dank ihm haben wir so viel erlebt. Felicia ist immer an seiner Seite; sie sind das perfekte Team, und ich bin dankbar, ein Teil davon zu sein!“
Was macht ihr mit United, wenn ihr zu Hause seid?
Richard: „Zu Hause konzentrieren wir uns auf Flatworf und Gymnastik, um uns weiter zu verbessern. Wenn ich nicht da bin, reitet Felicia ihn, und sie verbringen viel Zeit mit Ausritten im Wald. Ich denke, es ist wichtig, dass Pferde nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit sind. Diese Abwechslung hält United motiviert und sorgt dafür, dass das Training für ihn angenehm bleibt.“
Wenn United ein Auto wäre, was für ein Auto wäre er dann?
Richard: „Er wäre auf jeden Fall ein G-Modell mit einem großen Motor! Er ist zu groß, um ein kleines Rennauto zu sein, mit seinem großen Galopp und seiner enormen Kraft.“
Richard Vogel war 2020 auch „Student“ bei der Young Riders Academy. Diese wurde gegründet, um junge Talente im Springsport zu entwickeln und zu fördern und zukünftige Botschafter für den Sport hervorzubringen. Koordinatorin der Young Riders Academy ist Eleonora Ottaviani, zugleich Direktorin beim International Jumping Riders Club.
Wie hat die Young Riders Academy Ihrer Meinung nach dazu beigetragen, den heutigen Sport zu formen?
[Eleonora]: „Es ist wichtig, Talente nicht nur zu erkennen, sondern sie auch auf den richtigen Weg zu bringen. Talent allein reicht nicht aus; wir drängen die Reiter dazu, Fairness und Leistungsdenken zu praktizieren, was auch zu den Grundwerten von Rolex gehört, die wir teilen. Im Laufe der Jahre haben wir eine familienähnliche Gemeinschaft geschaffen. Bei der 10-Jahres-Feier in Venedig haben wir zum Beispiel 75 Reiter aus unserem Programm wiedergetroffen. Sie alle zu sehen, war eine Erinnerung an die starken Bindungen, die wir aufgebaut haben, ich erinnere mich an jeden Einzelnen von ihnen und ihre Geschichte. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist für den Sport unerlässlich, denn es hilft den Reitern, sich gegenseitig zu unterstützen und eine Kultur des gemeinsamen Wachstums aufrechtzuerhalten.“
Richard, kannst Du uns sagen, was der Rolex Grand Slam of Show Jumping für Sie als Spitzenreiter bedeutet und wie die Unterstützung von Rolex für Initiativen wie die Young Riders Academy dem Sport zugute kommt?
[Richard]: „Die Rolex Majors sind die Krönung unseres Sports. Sie haben den Springsport auf ein neues Niveau gehoben, indem sie die Teilnahme der besten Reiter und Pferde der Welt garantieren. Wie Eleonora bereits erwähnt hat, hilft die YRA den jungen Reitern, indem sie die richtigen Werte vermittelt und Zugang zu den besten Trainern und Ausbildungen bietet. Es ist wichtig, Reiter mit unterschiedlichem Hintergrund zu unterstützen und ihnen das Rüstzeug und das Selbstvertrauen zu geben, um das höchste Niveau des Sports zu erreichen.“
[Eleonora]: „Auch nach ihrer Zeit in der Akademie unterstützen wir unsere Schüler weiter. Reiter wie Richard wissen, dass sie Valentina jederzeit anrufen können, wenn sie Beratung oder Zugang zu Ressourcen wie Spitzentrainern wie Jens Fredricson benötigen, der jetzt zum Beispiel Oliver Fletcher trainiert, ein hervorragendes Talent für die Zukunft.“
Könnten Sie uns mehr über das Auswahlverfahren der YRA erzählen?
[Valentina Ottaviani]: „Normalerweise erhalten die nationalen Verbände zwischen Ende des Jahres und Januar die Bewerbungen und können zwei bis drei Reiter pro Jahr nominieren. Dann treffen wir uns z.B. in Peelbergen und die Reiter bringen jeweils zwei Pferde mit – ein erfahrenes und ein weniger erfahrenes. Wir haben eine Auswahlkommission, der u.a. Emile Hendrix und Otto Becker angehören, letztes Jahr zum Beispiel auch Jeroen Dubbeldam. Sie beobachten, wie die Reiter mit den beiden Pferden arbeiten.
Wir führen auch Interviews mit den Reitern durch, um weitere Talente zu entdecken, die sie haben könnten. Danach entscheiden wir, ob wir ihnen ein Angebot machen, zum Beispiel für sechs Monate bei einem Profi, wenn sie keinen eigenen Stall haben. Dieser Ansatz trägt nicht nur zur Verbesserung ihrer reiterlichen Fähigkeiten bei, sondern lehrt sie auch Unabhängigkeit und die Grundlagen für eine Karriere in diesem Sport. Bei Bedarf kann das Programm auch auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden. Außerdem veranstalten wir zu einem festen Termin eine theoretische Sitzung für die gesamte Gruppe, um die Teambildung zu fördern. Diese finden in der Regel in Italien an der Universität Lugano und in Schweden an der Universität Uppsala statt, wo es hochmoderne tiermedizinische Einrichtungen gibt. Dann kommen wir hierher zum CHI Genf, wo die Reiter das Turnier erleben und am Unterricht teilnehmen. Im Februar besuchen wir normalerweise den Hauptsitz von Rolex und der FEI, damit die Reiter etwas über die Organisationen erfahren, die den Sport regeln. Das YRA ist wie ein Stipendium – es dauert in der Regel ein Jahr, aber wenn man einmal ausgewählt ist, wird man Teil der Familie.“