Wie alles begann
Höher, schneller weiter: Springreiten hat Tradition. Seit rund 150 Jahren „fliegen“ Pferd und Reiter über Oxer, Steilsprünge, Mauern und Wassergräben. Der erste mit einem heutigen Springturnier vergleichbare Wettbewerb fand im Jahr 1864 in Dublin statt. Zurück gehen die ersten Springturniere auf die damals beim Publikum sehr angesagten Reitjagden. Doch weil die Zuschauer die Reiter immer nur kurz vorbeigaloppieren sahen und schnell aus dem Blick verloren, verlegte man die Wettbewerbe mehr und mehr auf kleinere, übersichtliche und künstlich angelegte Plätze.
Springreiten und Olympia
Bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen gingen allerdings noch keine Pferdsportler an den Start. Erst vier Jahre später, bei den Olympischen Spielen 1900 in Paris, wurde auch das erste Springturnier ausgetragen. 24 Reiter aus vier Nationen kämpften um die Medaillen. Der Parcours hatte damals eine Länge von 850 Metern mit 21 Hindernissen, die zwischen 1,00 Meter und 1,20 Meter hoch waren. Zusätzlich gab es einen Wassergraben von 4,00 Metern Breite. Gold und Silber gingen an die Belgier Aimé Haegeman auf Benton II und Georges van de Poele auf Windsor Squire vor dem französischen Bronze-Gewinner Louis de Champsavin auf Terpsichore. Neben dem Springreiten gab es aber auch noch eine Prüfung im Weitsprung über einen 4.50 breiten Wassergraben. Auch hier gewann ein Belgier, Constant van Langhendonck, mit Extra Dry. Dieses Reiter-Pferd Team sprang sagenhafte 6,10 Meter weit.
Rittmeister Caprilli setzte den leichten Sitz durch
Den modernen und heute noch praktizierten Springsitz setzte Federico Caprilli (geb. 1868 in Livorno, gestorben 1907 in Pinerolo) durch. Er war Rittmeister der italienischen Armee und Ausbilder an italienischen Kavallerie-Schulen. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war im Springreiten noch ein Sitz üblich, bei dem der Reiter weit zurückgelehnt im Sattel saß und die Füße nach vorn streckte, um sich bei der Landung besser abstützen zu können. Um die Vorteile des leichten Sitzes zu beweisen, stellte Caprilli 1902 in Turin mit 2,08 m einen Hochsprungrekord auf. Der Rittmeister starb 1907 bei einem harmlos wirkenden Sturz.
Auslandsstartverbot für deutsche Reiter!
Wenig erfolgreich lief es für 15 deutsche Offiziere beim ersten großen Militär-Reitturnier 1902 in Turin. Nach zehn Wettkampf-Tagen kamen sie mit nur einer Platzierung nach Hause. Kaiser Wilhelm II., enttäuscht über die entwürdigende Niederlage, verhängte kurzerhand ein jahrelanges Auslandsstartverbot. Erst Ende 1910 durften die deutschen Offiziere wieder international an den Start gehen.
Deutsche Reiter erfolgreich bei Olympia 1912 in Stockholm
Besser lief es für die deutschen Spring-Reiter bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm. Dabei hatte es der Parcours mit einem vorgegebenen Tempo von 400 Metern pro Minute über 19 Hindernisse, die bei bis 1,40 Meter Höhe teilweise zwei- und dreimal gesprungen werden mussten und so am Ende 29 Sprünge ergaben, durchaus in sich. Die deutsche Mannschaft um Sigismund Freyer auf Ultimus, Willi von Hohenau auf Pretty Girl, Ernst Deloch auf Hubertus und Friedrich Karl von Preußen auf Gibson Boy gewannen die Mannschafts-Bronze-Medaille. In der Einzelwertung ging die Silber-Medaille an Rabot W. von Kröcher auf Dohna.
Für einheitliche Regeln: 1921 kommt der Weltverband FEI
Bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm und 1920 in Antwerpen wurden die Reiterwettbewerbe noch nach den nationalen Regeln der Gastgeber ausgetragen. Dies sorgte bei den ausländischen Startern natürlich für Verwirrung. Abhilfe schuf der Pädagoge, Historiker und Sportfunktionär Pierre de Coubertin (geb. 1863 in Paris, gestorben 1937 in Genf). Coubertin, der sich für die Wiederbelebung der Olympischen Spiele einsetzte und 1894 das Internationale Olympische Komitee gründete, schmiedete mit den führenden acht Reiternationen (Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Norwegen, Schweden, Japan und die USA) 1921 den Weltverband FEI und erarbeitete ein internationales Regelwerk. Deutschland wurde, als Folge des Ersten Weltkriegs, erst 1927 in die FEI aufgenommen.
Erste Weltmeisterschaft 1953
Im Jahre 1953 wurde in Paris die erste Weltmeisterschaft im Springreiten ausgetragen. Die vier besten Reiter ermittelten ihren Meister im Finale mit spannendem Pferdewechsel. Ein Modus, der sich bis heute nicht verändert hat. Erster Weltmeister durfte sich der Spanier Francisco Goyoaga nennen, Vizemeister wurde der deutsche Springreiter Fritz Thiedemann auf dem damals erst siebenjährigen „Diamant“.